Bundesrat Stenographisches Protokoll 623. Sitzung / Seite 80

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sollte in Zukunft ein Einspruch des Bundesrates einen legislativen Kooperationsmechanismus auslösen: Ein Vermittlungsausschuß, der von beiden Kammern paritätisch beschickt ist, hätte sich um einen die Interessen von Bund und Ländern ausgleichenden politischen Konsens zu bemühen.

Was sieht demgegenüber die aktuelle Regierungsvorlage vor? – Jedenfalls keine Reform des Bundesrates und schon gar keine Aufwertung seiner derzeit bundesstaatlich völlig unzulänglichen Bedeutung! Vielmehr verankert sie in Artikel 105 Abs. 2 explizit eben jene Landeshauptleutekonferenz, die bereits heute außerhalb der geschriebenen Verfassung existiert und schon bisher als eklatanter Verstoß gegen das gewaltenteilende Prinzip zu werten ist!

Daß eine dann erstmals verfassungsgesetzlich gedeckte Landeshauptleutekonferenz als ausschließliche Interessenvertretung der Bundesländer das realpolitische Gewicht des Bundesrates als Länderkammer noch weiter verringern würde, versteht sich doch geradezu von selbst. Der föderalistische Ausgleich politischer Interessen spielte sich dann ja nur noch zwischen Bundesregierung und Landeshauptleutekonferenz ab! Nur noch am Rande und demokratiepolitisch gewiß legitim sei darauf hingewiesen, daß es ein solcher Mechanismus auch ermöglicht, die parlamentarische Opposition völlig auszuschalten. Offenbar ist eben das erwünscht und gewollt.

Fast schon naiv mutet so besehen die an sich treffende Bemerkung eines nicht unserer Fraktion zugehörenden oppositionellen Kritikers an, der folgendes hervorhebt – ich zitiere –: "Wie schon bei der Frage der Schaffung einer Landesverwaltungsgerichtsbarkeit überrascht die Zurückhaltung der Verhandlungsführer der Länder bei der Diskussion um eine Stärkung der Stellung des Bundesrates, stellt doch die Beteiligung einer Länderkammer an der Gesetzgebung des Bundes ein konstitutives Merkmal eines Bundesstaates dar.

Die Verhandler der Länder ließen sich offenbar weniger von prinzipiellen föderalismuspolitischen Vorstellungen als von pragmatischen Überlegungen zum Ausbau ihrer eigenen Machtstellung leiten." – Zitatende.

Mit Recht wird auch hervorgehoben, daß, wenn schon nicht eine Direktwahl der Abgeordneten zum Bundesrat vorgesehen ist, das Abgehen von der Aufgliederung nach Fraktionen statt nach Ländern, die umgehende Ausweitung der echten Zustimmungsrechte des Bundesrates und seine intensivere Einbindung in Fragen der Europäischen Integration für einen ernstgenommenen Föderalismus unverzichtbar ist!

Die hier besprochene Regierungsvorlage trägt nach alldem weder zu einer Bundesstaatsreform noch zu einer Bundesratsreform oder gar zu einer Verbesserung des Rechtsschutzes des einzelnen Bürgers bei. Der Nationalrat und mit ihm der Bundesrat würden jedenfalls von der politischen Kontrolle eines wesentlichen Teils des vom parlamentarischen Gesetzgeber selbst geschaffenen Rechtsbestandes ausgeschlossen werden.

Wenn es in bezug auf die Verschiebung staatlicher Kompetenzen und damit verbundenes politisches Gewicht einen "Gewinner" gibt, so trifft das zwar für die Landeshauptleute zu; ein unserem Verfassungskonzept verpflichteter gewaltenteilender Rechtsstaat und ein entsprechend organisierter Bundesstaat und Bundesrat aber wären zweifellos die "Verlierer"!

Ich verweise auf eine jüngst veröffentlichte sehr nachdenkliche und kritische Schrift meines renommierten Kollegen Theodor Tomandl mit dem Titel: "Rechtsstaat Österreich – Illusion oder Realität". (Der Redner hält ein Buch in die Höhe.) Sie wurde jüngst im Parlament unter der Schirmherrschaft von Präsidenten Neisser präsentiert. Im Kapitel, das er wörtlich mit "Problemkind Bundesstaat" umschreibt, kommt er auf unser Haus zu sprechen.

Meine Damen und Herren von der ÖVP! Professor Tomandl, der Ihnen gewiß nahesteht, führt wörtlich folgendes aus: "Ein besonders trauriges Kapitel des Bundesstaates Österreich ist der als Ländervertretung im Parlament konzipierte Bundesrat. Er konnte trotz unzähliger Belebungsversuche weder in der Ersten noch in der Zweiten Republik jemals eine nennenswerte Bedeutung erlangen." (Bundesrat Dr. Schambeck: Wer hat das gesagt?) Professor Tomandl. (Bundesrat Dr. Schambeck: Er ist Professor für Arbeitsrecht und sicherlich ...!) Nun, soviel wie


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