andererseits im wesentlichen dort stattfindet, wo die Arbeitsleistung rasch produktiv verwertbar ist.
Die derzeit eng mit der Gewerbeordnung verbundene Lehrberufsliste ist zu überdenken. Lehrberufe können auch losgelöst von der Gewerbeordnung entstehen. Notwendig ist die Schaffung moderner Berufe und Berufsfelder. Vor allem Berufe, in denen das derzeitige Arbeitskräftepotential aus Absolventen weiterführender Schulen gewonnen wird, sollten der dualen Ausbildung zugänglich sein. Auch Branchen, in denen bisher keine Lehrlingsausbildung stattgefunden hat, sollen dieser Ausbildungsform zugänglich gemacht werden, so zum Beispiel die Ausbildung in Bereichen wie Investment und Kapitalanlagen, bei Ärzten, Vermessungstechnikern, im EDV- und Multimediabereich, in der Alten- und Krankenpflege und in weiteren Bereichen des Dienstleistungssektors.
Natürlich müssen diese Dinge auch finanziert werden – auch dazu einige Anmerkungen. Die Wirtschaft klagt grundsätzlich über zu hohe Kosten bei der Lehrlingsausbildung. Richtig ist, daß qualifizierte Ausbildung mit Kosten verbunden ist. Es ist jedoch hinsichtlich der Kosten nach einzelnen Branchen und Berufen erheblich zu differenzieren. Vor allem sind bei der Kostenbewertung auch die durch die Lehrlinge erbrachten Nettoerträge zu berücksichtigen, die in den einzelnen Lehrberufen erheblich differieren. Notwendig ist daher zunächst die Außerstreitstellung der tatsächlichen Ausbildungskosten in den einzelnen Lehrberufen beziehungsweise Branchen, darüber hinaus muß der jeweilige Ertrag der Lehrlingsarbeit für den Betrieb Berücksichtigung finden. Auch Kosten, die derzeit von Bund, Ländern und Gemeinden für die Lehrlingsausbildung bezahlt werden – Kosten für Berufsschulen und Lehrer –, müssen bei der Kostenaufbringung berücksichtigt werden.
Denkbar ist hinsichtlich der Finanzierung der Lehrlingsausbildung ein Lastenausgleich zwischen ausbildenden und nichtausbildenden Betrieben. Dabei geht es darum, die Ausbildungsbetriebe unter Wahrung und Steigerung der Ausbildungsqualität finanziell zu fördern. Ich zitiere dazu ein ÖGB-Modell: Demnach erhält jeder Lehrbetrieb im ersten Lehrjahr monatlich 3 000 S. Bei derzeit mehr als 40 000 Lehranfängern jährlich werden für die Grundfinanzierung zirka 1,5 Milliarden Schilling benötigt. Nach dem ersten Lehrjahr soll der Lehrberechtigte tatsächliche Kosten, die entstanden sind, weil er deutlich über dem eigenen Berufsbild ausbildet, refundiert erhalten.
Im Rahmen dieses Lastenausgleichs soll auch der Weg zum trialen System finanziell abgesichert werden. Die Förderung von zusätzlichen Lehrstellen in Lehrwerkstätten ist ebenfalls über den Lastenausgleich abzudecken. Der Finanzierungsbedarf der zusätzlichen Ausbildung wird vorerst mit einer halben Milliarde Schilling veranschlagt.
Die Einhebung der Geldbeträge – das sind zwischen 0,2 und 0,25 Prozent der Bruttolohn- und Gehaltssumme –, um den Lastenausgleich in der Höhe von zwei Milliarden Schilling zu erreichen, sollte über die bestehenden Strukturen der Sozialversicherung vorgenommen werden.
Lehrlinge sollen am Ende der Lehrzeit oder nach Absolvierung der Lehrzeit die Möglichkeit haben, eine Berufsreifeprüfung abzulegen, und mit dieser den Zugang zu Fachhochschulen und allgemeinen Universitäten erlangen können. Auf diese Weise würden junge Menschen auch über den Bildungsweg Lehrlingsausbildung verstärkt gefördert und motiviert, ständig weiterzulernen. Gleichzeitig soll mit dieser Maßnahme das Ansehen der Lehrlingsausbildung insgesamt gehoben werden.
Mit Beginn des Schuljahres 1997/98 sollte den Berufsschulen und den berufsbildenden mittleren Schulen ein handhabbares Modell zur Berufsreife seitens des zuständigen Unterrichtsministeriums vorliegen. Es ist daher bereits jetzt für die Schulbehörden an der Zeit, Überlegungen anzustellen, wie das Modell der Berufsreifeprüfung, vor allem an Berufsschulen, umgesetzt werden kann.
Vorbereitungslehrgänge für die Berufsreifeprüfung könnten so gestaltet sein, daß durch den Erwerb von Bildungsmodulen auch der Einstieg in andere Schulen möglich ist. Das heißt, es soll bildungswilligen Lehrlingen möglich sein, in eine höhere Klasse der berufsbildenden mittleren oder höheren Schulen einzusteigen, zum Beispiel Anrechnung der Lehrzeit bei Absolvierung der
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