Bundesrat Stenographisches Protokoll 624. Sitzung / Seite 55

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11.55

Bundesrat Peter Rieser (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die Medien sind ein wesentlicher Bestandteil der Demokratie, und nicht zu Unrecht werden sie oft auch als die vierte Gewalt bezeichnet. Wenn wir heute hier diese Gesetze behandeln, so ist dies ein großer Fortschritt, wobei ich mir aber trotzdem erlaube, mich kritisch mit der österreichischen Medienpolitik auseinanderzusetzen. Ich bin aber auch Herrn Kollegen Prähauser sehr verpflichtet und verbunden aufgrund seiner Aussagen, weil sie in manchem Bereich identisch sind und weil ich der Auffassung bin, daß wir sicherlich gemeinsam auch dieses Problem anpacken werden.

Liebe Kollegen! Es kann um die Medienfreiheit in diesem Land nicht gut bestellt sein, wenn, um hier nur ein Beispiel zu nennen, Regierungsumbildungen und ihre Präsentation nach dem Willen und Geschmack einiger weniger Medien- und Magazinmacher ausgerichtet werden, um ja nicht in den Wind zu blasen. Es kann um die Freiheit der Medien in diesem Land nicht gut bestellt sein, wenn sich Banken in Übereinstimmung mit politischen Parteien Zeitungen halten, die nicht nach bestem Wissen und Gewissen kommentieren dürfen, weil ihnen sonst fette Inserate gesperrt werden. So geschehen in diesen Monaten des Jahres 1997!

Ich stelle fest, daß sich der Österreichische Rundfunk seit dem Rundfunk-Volksbegehren nach einer Phase international vorbildlichen, öffentlich-rechtlichen Aufschwungs leider seit Jahren in dieser Hinsicht wieder negativ entwickelt hat und offenbar reformunfähig ist, weil er als Machtinstrument herhalten muß.

Der Österreichische Rundfunk ist eine durch Gesetz eingerichtete Anstalt des öffentlichen Rechts mit öffentlichem Vermögen. Die Grenzen seiner Tätigkeit ergeben sich aus dem Österreichischen Rundfunkgesetz. Folgendes ist für mich bedrückend: Im Parlament und in den Landtagen gibt es seit Jahrzehnten drei, vier, seit kurzem fünf Parteien, die sich nach vier oder fünf Jahren den Wählern zu stellen haben. Aber in Österreich gibt es ein Fernsehen und damit einen Monopolbetrieb, wie ihn längst kein vergleichbares Land in Europa mehr kennt.

Ich bin aber auch mit dem Salzburger Landeshauptmann Dr. Franz Schausberger einer Meinung, daß die ORF-AG nicht zustande kommen wird, schon allein deshalb nicht, weil die Zentralisten, die den Föderalismus nur auf den Lippen führen, eine 50:50-Beteiligung Bund – Länder nicht zulassen werden. Alles andere wäre für uns unakzeptabel, weil die Landesstudios in ihren Rechten eher geschwächt als gestärkt werden.

Wenn wir nun in Hinkunft ein Regional- und Lokalradio haben, so muß von vornherein klar sein, daß es einen Wettbewerb geben wird, wobei aber der Österreichische Rundfunk seinem öffentlichen Auftrag gerecht werden muß. Öffentlicher Auftrag bedeutet für mich Basisversorgung. Öffentlicher Auftrag ist die unverwechselbare Stimme der österreichischen Identität im internationalen Wettbewerb. Öffentlicher Auftrag ist Qualitätsprogramm und Qualitätsjournalismus. Öffentlicher Auftrag ist Stärkung, Ausbau und Absicherung des föderalistischen Elements der Landesstudios.

Öffentlich-rechtlicher Rundfunk heißt, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, Verpflichtung. Öffentlich-rechtlicher Auftrag und Gebührenfinanzierung sind eng miteinander verknüpft, und ich komme nicht darum herum, die derzeit geltende Rundfunkgebühr in Frage zu stellen. Gebührenpflicht ist ein Privileg und eine Verpflichtung. Kann, ja darf sich eine öffentlich-rechtliche Anstalt schleichend in einen kommerziellen Betrieb umwandeln? – Jüngstes Beispiel für diesen Versuch ist der angekündigte Tourismus- und Wetterkanal TWE 1 als Sonderkanal des ORF. Darf eine Institution, die Sonderrechte genießt, ihre Mittel für Aktivitäten einsetzen, um in Wettbewerb mit Privaten zu treten, die allerdings das Privileg der Gebührenfinanzierung nicht haben?

Es gibt für mich in diesem Zusammenhang nur zwei Möglichkeiten: strenge Einhaltung des öffentlich-rechtlichen Auftrages oder Abschaffung der Gebühren! (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)


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