Eine Gebührenfinanzierung ist nach EG-Recht – in diesem Zusammenhang habe ich mir Unterlagen vom Institut für Medienrecht besorgt – nur dann gerechtfertigt, wenn diese Gebühreneinnahmen tatsächlich für spezifisch öffentliche Aufgaben eingesetzt werden. Andernfalls wären diese Gebühreneinnahmen nach Artikel 92 des EU-Vertrages wettbewerbswidrige Beihilfen. Dies ergibt sich daraus, daß der Österreichische Rundfunk in Wettbewerb mit privaten Veranstaltern steht, die sich nur aus Werbung finanzieren, und diese Art der Finanzierung aus Gebüh-ren würde zu einer Wettbewerbsverzerrung führen.
In diesem Zusammenhang muß man die Frage stellen: Worin liegt die spezifisch öffentliche Aufgabe? – Nach dem Gesetz darf der ORF derzeit Fernsehwerbung nur bundesweit verbreiten. Würde der Gesetzgeber dem Wunsch des Österreichischen Rundfunks nach Öffnung für lokale Fernsehwerbung nachkommen, so bedeutete das nicht nur eine existentielle wirtschaftliche Bedrohung der regionalen Presse, sondern würde auch die Entfaltung privater elektronischer Medien von vornherein unmöglich zu machen. Diese müssen eine faire Chance erhalten, sich auf dem regionalen Markt entwickeln zu können. Das setzt voraus, daß dieser Bereich nicht frühzeitig vom ORF besetzt wird, da der ORF aufgrund seiner überlegenen Position und seiner Größe einen Vorsprung hat. Der Österreichische Rundfunk darf deshalb eine Ausweitung dieses Rechts nicht zugestanden bekommen. Der Österreichische Rundfunk nimmt mit zwei Fernsehkanälen und vier Radioketten in Verbindung mit der Gebührenfinanzierung eine derart dominante Position ein, daß die Entwicklung der neuen, zukünftigen Unternehmer in diesem Bereich gefährdet ist.
Im Rahmen einer dualen Rundfunkordnung muß Klarheit über Inhalt und Umfang des Auftrages des öffentlich-rechtlichen Rundfunks geschaffen werden. Diesbezüglich fehlen im Rundfunkgesetz jegliche Vorgaben. Im Rahmen einer künftigen Novelle müßte diese Frage vorrangig behandelt werden. Es besteht angesichts der Programmentwicklung des ORF die Befürchtung, daß der öffentlich-rechtliche Auftrag hinsichtlich Information, Bildung, Kultur und Unterhaltung noch weiter in den Hintergrund gedrängt wird. Eine zunehmende Kommerzialisierung der Radio- und Fernsehprogramme des ORF würde mittelfristig die Frage nach der Berechtigung der öffentlich-rechtlichen Gebührenfinanzierung hervorrufen.
Der Europäische Gerichtshof in Straßburg wird sich in Hinkunft mit der Gebührenpflicht beziehungsweise Wettbewerbsverzerrung auseinanderzusetzen haben. Dort werden gegenwärtig Anträge aus Holland diskutiert. Ein Beispiel des ungleichen Wettbewerbes liefert uns die Steiermark. In allen österreichischen Tunnels kann man Ö 3 hören. Dafür bezahlt der Österreichische Rundfunk keinen Schilling. Im Plabutschtunnel in der Nähe von Graz kann man zusätzlich – wie in sonst keinem Tunnel in Österreich – auch "Antenne Steiermark" empfangen. Dafür muß "Antenne Steiermark" der Straßenverwaltung jährlich 136 000 S bezahlen.
Daher muß ich hier die Frage stellen: Ist das Gleichbehandlung? – In diesem Zusammenhang hätte ich auch gerne gewußt, welche Einkommensverluste die Republik Österreich dadurch hinnehmen muß, daß der Österreichische Rundfunk für alle Tunnels nichts bezahlt. Dabei ist zu bedenken, daß es in wenigen Monaten einige private Radiosender mehr geben soll – sei es in Salzburg, Kärnten, Tirol oder Vorarlberg. Werden alle diese Sender, die es in größerer Zahl geben wird, weil wir in einem gebirgigen Land leben, von vornherein solche Gebühren zu bezahlen haben, so wird es zu einer Wettbewerbsverzerrung kommen.
Im Ausschuß konnte uns diese Frage nicht zufriedenstellend beantwortet werden. Deshalb haben wir uns veranlaßt gesehen, in diesem Zusammenhang auch eine parlamentarische Anfrage einzureichen. Die "Antenne Steiermark" ist trotz Mängeln in der Medienpolitik mit großem Erfolg der erste österreichische Privatsender geworden. Dafür mußten starke Widerstände überwunden werden. So gesehen gibt es heute für die Medienvielfalt eine Sternstunde. Das steirische Beispiel zeigt, daß Konkurrenz zu Reformen zwingt. Alle Anbieter strengen sich mehr an; die Gewinner sind die Konsumenten als Hörer und – hoffentlich bald – auch als Seher. Medienvielfalt und Medienfreiheit auf dem elektronischen Medienmarkt sind in Österreich durch klare gesetzliche Grundlagen sicherzustellen. Diesem Ziel kommt man mit dem neuen Regionalradio- und Regionalfernsehgesetz durch eine Vielfalt von Anbietern und Programmen einen Schritt näher.
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