Bundesrat Stenographisches Protokoll 624. Sitzung / Seite 71

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wenn der Kollektivvertrag der Betriebsvereinbarung die Legitimation für eine Flexibilisierung auf der betrieblichen Ebene zuerkennt, ist die Zulassung der Betriebsvereinbarung möglich.

Ich glaube, diese Drei-Stufen-Rechtsfolge ist ganz wichtig. Zum einen wäre es nicht vertretbar gewesen, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Betriebe, in denen es keinen Kollektivvertragspartner auf der Arbeitgeberseite gibt, von der Möglichkeit einer flexibleren Gestaltung der Arbeitszeit auszunehmen, und auf der anderen Seite war es für Branchen wichtig, durch den Branchenkollektivvertrag generelle Normen zu finden, wie Flexibilisierung ausgestaltet werden kann, aber auch den autonomen Kollektivvertragspartnern die Möglichkeit zu geben, individuelle Lösungen durch Betriebsvereinbarung unter begleitender Kontrolle zuzulassen.

Ich glaube, das entspricht einer modernen Wirtschaft, die versucht, beide Interessenlagen in das Gemeinsame einzubringen. Ich glaube, daß es auch ganz wichtig ist, daß in diesem Gesetzestext verankert ist, daß, wenn eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen wird, weil eben in Anbetracht des Fehlens eines Partners keine Kollektivvertragsmöglichkeit gegeben ist, diese Betriebsvereinbarung der Gewerkschaft, der freiwilligen Interessenvertretung der Arbeitnehmerseite übermittelt werden muß.

Damit haben die Gewerkschaften die Chance, am Puls zu bleiben, genau zu beobachten, in welcher Form sich auf der Betriebsvereinbarungsebene Flexibilisierungsmodelle entwickeln und falls sie die Notwendigkeit erkennen, aktiv zu werden, tatsächlich gesetzliche Initiativen oder Kollektivvertragsinitiativen zu sehen oder unmittelbare Verhandlungen mit dem jeweiligen Unternehmen aufzunehmen und, sollten diesbezüglich unerwünschte Tendenzen feststellbar sein, dementsprechend einzuschreiten.

Ich glaube, daß wir auch in unserem Rechtssystem jene Flexibilität brauchen, daß sie Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen entsprechen kann – auch unter Wahrung einer Ordnung und einer Orientierung, die für alle Beteiligten notwendig ist.

Herr Bundesrat! Ich möchte auch etwas zur Frage des Schlichtungsverfahren sagen. Dieses Schlichtungsverfahren ist nicht Gegenstand einer gesetzlichen Festlegung, sondern die Kollektivvertragspartner haben für sich selbst die Regeln definiert. Wir wissen, daß, wenn Partner versuchen, miteinander zu einem Ergebnis zu kommen, das das einzig Richtige ist, wenn Sie mir diese Beurteilung erlauben. In einer autonomen Verhandlungsführung, die die Kollektivvertragspartnerschaft mit sich bringt, ist es auch logisch, daß diese für sich die Regeln für eine Schlichtung definiert, und daß nicht der Gesetzgeber vorschreibt, welches Ergebnis zustande kommen soll. Wenn der Gesetzgeber dies wünscht, dann muß das Gesetz von sich aus so formuliert sein, aber ein Hineinregieren in eine Verhandlung zwischen Partnern würde ich als nicht richtig empfinden. Ich glaube, daß es daher einerseits wichtig ist, daß sich die Kollektivvertragspartner zu diesem gegenseitig verbindlichen Schlichtungsverfahren bekennen, ohne daß aber der Gesetzgeber Formulierungen, sei es in Ausschußbemerkungen oder sei es auch direkt im Gesetzestext, vornimmt.

Erlauben Sie mir, sehr geschätzte Damen und Herren, noch zu sagen, daß ich glaube, daß es in der Frage der Sonntagsarbeit angebracht ist, etwas klarzustellen: Wenn das Arbeitsruhegesetz angesprochen wird, das eben die Ausnahmen vom Sonntagsarbeitsverbot in privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen regelt, dann glaube ich, daß in keiner Weise daraus interpretiert werden kann, daß der Sonntag nicht nach wie vor ein besonderer Tag in der Woche ist und daß Sonntag nicht nach wie vor ein Tag ist, der spezifisch für Freizeitbedürfnisse, für die Zusammengehörigkeit in der Familie, für das Treffen mit Freunden, für gesellschaftliche, für kulturelle und auch für konfessionelle Aktivitäten hier im besonderen zur Verfügung steht. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich glaube aber, daß Ehrlichkeit auch gefordert ist und daß man hier erkennen muß, daß eine Gesellschaft auch mit Ausnahmen zu leben hat und diese Ausnahmen notwendig sind, damit das gesamte Wirtschafts- und Gesellschaftsgefüge überhaupt funktioniert. Ich betrachte es daher auch als sinnvoll, daß eine ergänzende Bestimmung aufgenommen wurde, mit der unter ganz bestimmten Rahmenbedingungen eben dann, wenn wirtschaftliche und auch Beschäfti


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