Entscheidungs- und Verantwortungskompetenz nicht erreicht, in weiten Teilen aber auch nicht die versprochenen administrativen Erleichterungen.
Zum Stichwort "administrative Erleichterungen" verweise ich, um nur ein signifikantes Beispiel zu nennen, auf die unglaublich bürokratische Regelung des künftigen Verlaufs mündlicher Prüfungen. Ist man denn dabei vom grünen Tisch aus an den praktischen Erfordernissen und begrenzten Möglichkeiten einer Massenuniversität völlig vorbeigegangen?
Gewiß gibt es auch eindeutiges Fehlverhalten von Prüfern. Ich will das weder leugnen noch bagatellisieren. Geeignete Korrektive für solche Mißstände und entsprechender Rechtsschutz dagegen gehen durchaus in Ordnung, nicht jedoch bürokratische Schikanen. Ich fürchte, daß man die schwarzen Schafe auch mit den neuen Kautelen nicht wirklich treffen, wohl aber den übrigen Prüfern das Leben schwer machen wird. Daher werde ich selbst, als der Kategorie der sogenannten beliebten Prüfer zugehörig, meinen Hörern sagen müssen: In derselben Zeit wie bisher werde ich in Hinblick auf die vermehrten administrativen Belastungen nur noch einen Teil der derzeit gerade noch akzeptablen Anzahl von Kandidaten prüfen können.
Erlauben Sie mir als langjährigem Praktiker, wenn wir schon bei der leidigen und für die Studiendauer ganz wesentlichen Frage der Prüfungen sind, zwei heute fast schon ketzerische Einwände: Nach meiner Ansicht werden immer noch zu viele Wiederholungsmöglichkeiten zugelassen. Man darf in diesem Zusammenhang den Mißtrauensvorschuß oder die Darstellung von Horrorszenarien mit angeblich sadistischen oder nach Prüfungsentgelten gierigen Prüfern nicht allzu weit treiben.
Ferner bedauere ich, daß offensichtlich selbst an ein vorsichtiges Abrücken vom ebenfalls im Hinblick auf die Studiendauer fragwürdigen und in der Praxis nicht bewährten Modell der völlig voneinander isolierten Teilprüfungen nicht einmal gedacht worden sein dürfte.
Schließlich ist die Regelung der lang diskutierten Studieneingangsphase – auch ein durchaus positiver Ansatz, ja geradezu ein Zentralstück der Reform – blaß und unkonturiert ausgefallen. Auch auf diesem Gebiet herrscht weitgehend Scheinautonomie. Diese Regelung wird daher im Grunde folgenlos bleiben, jedenfalls aber bei aktuellen Strukturproblemen nichts zum Besseren wenden.
Über weitere bittere Wermutstropfen wie die qualitative Abwertung geisteswissenschaftlicher Studienrichtungen, die nicht geglückte Aufwertung der Lehramtsstudien und die nicht erreichte Gleichstellung der Abschlüsse des veterinärmedizinischen Studiums mit jenem der allgemeinen Medizin und der Zahnmedizin haben sich fachlich Berufenere bereits kritisch geäußert.
Lassen Sie mich jedoch nach all diesen vielen von mir geäußerten Kritikpunkten zuletzt einen bestimmten Abschnitt des neuen Gesetzes sehr positiv beurteilen, bei dem Sie es vielleicht gerade von seiten eines akademischen Lehrers an einer klassischen Universität gar nicht erwarten würden: Es handelt sich dabei um die angemessene Berücksichtigung, die erstmals die Lehrgänge mit universitärem Charakter in der Neuregelung gefunden haben. Ich sehe diese institutionelle Verankerung – und leugne nicht, daß ich diesbezüglich ursprünglich Skeptiker war – deshalb so positiv, weil sie eine sachlich begründete Würdigung des von einigen dieser Lehrgänge inzwischen nachweisbar gewonnenen Niveaus und deren international anerkannter fachlichen Standards bedeutet.
Insbesondere hebe ich in diesem Zusammenhang das 1991 ins Leben gerufene MBA-Programm der Donau-Universität in Krems hervor. Es ist den Organisatoren gelungen, ein Curriculum zu entwickeln und auf dem Markt zu etablieren, das zugleich auch den Unternehmern der Teilnehmer unmittelbar zugute kommt. Der Führungsnachwuchs mit einer soliden technischen, juristischen oder kaufmännischen Ausbildung im Alter von Mitte 30 hat normalerweise weder beruflich noch privat die Gelegenheit, für ein oder zwei Jahre zum Studium in die USA, nach Frankreich oder Großbritannien zu gehen. Das berufsbegleitende, auf die Bedürfnisse der Teilnehmer zugeschnittene offene und flexible MBA-Programm ist dafür eine zeitgemäße Lösung. Die hohe fachliche Anerkennung derartiger Lehrgänge rechtfertigt auch die Vergabe entsprechender akademischer Grade.
Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite