Bundesrat Stenographisches Protokoll 624. Sitzung / Seite 100

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Aussagekräftiger über den tatsächlichen technologischen Standard der Wirtschaft der verschiedenen Länder sind die Daten des Außenhandels. Sie zeigen den realisierten Erfolg bei der Umsetzung des technologischen Wissens auf den internationalen Märkten. Österreich hat ein hohes und chronisches Handelsbilanzdefizit – 1996 waren es rund 115 Milliarden Schilling.

In den vergangenen drei Jahren hat sich auch die gesamte Leistungsbilanz Österreichs durch die starke Verringerung des Überschusses aus dem Reiseverkehr deutlich passiviert. Das Leistungsbilanzdefizit 1996 betrug rund 48 Milliarden Schilling. Dies ist auch ein Ergebnis der Schwäche des Hochtechnologiebereiches in der österreichischen Wirtschaft, die sich in der Struktur des österreichischen Außenhandels widerspiegelt.

Das WIFO stellte zu diesem Thema im Monatsbericht 2/1997 fest: "Der Grad der Spezialisierung auf technologisch anspruchsvolle Güter ist im österreichischen Export- und Industrieland außerordentlich gering."

Und weiters: "Österreich ist mit einem Anteil humankapitalintensiver Güter am gesamten Industriewarenexport von 52,3 Prozent und einem Hochtechnologieanteil von 8,2 Prozent deutlicher weniger auf technologisch hochwertige Produkte spezialisiert als vergleichbare kleine Volkswirtschaften wie die Schweiz und Schweden. Der technologische Spezialisierungsgrad bleibt in Österreich weit hinter dem der OECD-Länder zurück, nämlich bei 63,7 beziehungsweise 17,5 Prozent. Forschung und Entwicklung, der Ausbau der Technologie- und Bildungsinfrastruktur müssen als wichtige Bestandteile der gesamten Standort- und Industriepolitik gesehen werden. Es müssen insgesamt die Bedingungen für den Ausbau bestehender und den Aufbau neuer Industriezweige für die Erhöhung der Wertschöpfung und die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen verbessert werden. Dazu gehören eine leistungsfähige Infrastruktur, attraktive Standortangebote, investitionsfreundliche rechtliche Rahmenbedingungen, die effiziente und rasche Abwicklung von Genehmigungsverfahren und dergleichen mehr."

Die Länder der industrialisierten Welt befinden sich also in einem radikalen Umbruch, und die Stichworte dazu sind einer zunehmend verunsicherten Öffentlichkeit bekannt: Globalisierung und Liberalisierung des Welthandels, Auftauchen neuer, mit Kostenvorteilen ausgestatteter Konkurrenten am Weltmarkt, Erhöhung der Unsicherheit für Arbeitnehmer und Unternehmer bei Zunahme von Flexibilisierung, Arbeitsteilung und radikale Verkürzung von Produktlebenszyklen sowie der Einsetzbarkeit erworbenen Wissens – all dies unterlegt und beeinflußt von einem beschleunigten Einsatz neuer Technologie.

Österreich wurde in den letzten Jahren von dieser Entwicklung mehr und mehr erfaßt. Gerade der immer umfangreicher definierte gemeinsame Markt Europa ist zusammen mit der Aufhebung der Zweiteilung des Kontinents Anlaß und Katalysator für Strukturveränderung, der dem stabil konzipierten Gesellschaftsmodell der Aufbaugeneration über weite Strecken den Boden entzieht. Technologiepolitik ist ein Eckpfeiler des nötigen Modernisierungsschubes. Wo Phasen des Umbruchs im Sinn der vielzitierten kreativen Zerstörung erlebbar werden, können wir uns nicht mit Versuchen begnügen, die Zerstörung zu verhindern, sondern wir müssen die Kreation, das Neue, unterstützen.

Letztendlich ist das auch bewußte Strategie praktisch aller Industriestaaten. Große Investitionen laufen in Forschungs- und Technologieprogramme sowie in Technologieinfrastrukturen. Hier zeigen sich klare Aufgaben für die öffentliche Hand: Risikoausgleich, Internationalisierung externer Effekte, Zurverfügungstellung von Infrastrukturen und ähnliches. Um dabei möglichst effektiv vorgehen zu können, planen die meisten Staaten ebenso wie die Europäische Union und viele Regionen ihre Vorgehen systematisch. Mittels technologiepolitischer Konzeptionen werden abgestimmte Strategien und Maßnahmenpakete festgelegt.

Für Österreich liegt mit dem vorliegenden technologiepolitischen Konzept eine umfassende und analytisch genaue Strategiesetzung vor. Damit werden den für Technologiepolitik und Strukturwandel zuständigen Ressorts klare Aufgabenlinien zugewiesen, nämlich die Bündelung von Ressourcen für wirtschaftlich und gesellschaftlich wichtige Aufgabenschwerpunkte, die breite Streuung bestehenden Wissens, Förderung von Kooperationen auf allen Ebenen, die Konzen


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