Bundesrat Stenographisches Protokoll 624. Sitzung / Seite 128

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Meine Fraktion wird dieser Vorlage nicht zustimmen, und zwar nicht wegen ihres sachlichen Inhalts, gegen den naturgemäß kein Einwand besteht, sondern vielmehr aus einem verfassungs- und demokratiepolitischen Grund, der uns wichtig ist.

Gemäß Artikel 31 dieses Übereinkommens werden weitere Anlagen des Übereinkommens und Änderungen von Anlagen nach dem normalen Verfahren zur Änderung des Übereinkommens beschlossen. Ein solcher Beschluß tritt nach der Regelung, der sich Österreich angeschlossen hat, binnen sechs Monaten nach Verständigung durch den Depositär, den Verwahrer, in Kraft.

Offenbar war nun dem Gesetzgeber bewußt, daß das parlamentarische Verfahren zur Ratifizierung in diesem Zeitraum nicht durchwegs durchführbar ist. Das wäre aber gar nicht notwendig gewesen. Nach Artikel 34 Abs. 4 des Übereinkommens hätte Österreich die Möglichkeit gehabt, wie jede andere Vertragspartei, in seiner Ratifikationsurkunde zu erklären, daß für uns weitere regionale Durchführungsanlagen oder Änderungen solcher Anlagen erst mit Hinterlegung unserer diesbezüglichen Ratifikationsurkunde in Kraft treten. Die Begründung dafür, daß sich Österreich, angeblich im Einklang mit den anderen Mitgliedstaaten der EU, zur sogenannten Opting-Out-Regelung bekennt, ist sachlich nicht überzeugend.

Statt die internen verfassungsrechtlichen Vorgaben beim Abschluß des Übereinkommens zu wahren, fand leider eine qualifizierte Mehrheit nichts daran, das Parlament daher von jeder Mitwirkung an künftigen Vertragsänderungen ein für allemal auszuschließen. Um das zu ermöglichen, wurde einfach Artikel 31 des Übereinkommens formell in den Verfassungsrang erhoben, und damit wurden wieder einmal Kompetenzen vom Gesetzgeber auf die Exekutive, auf die Bundesregierung, verlagert.

Hierzu bedurfte es also erneut einer eigenen Verfassungsbestimmung. Aber was stört schon eine mehr, ist ihre Zahl doch ohnehin bereits Legion! – Wir werden aber einer solchen Selbstausschaltung nicht zustimmen, weil wir diesen leichtfertigen Umgang mit der Verfassung und der Gewaltenteilung entschieden ablehnen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.35

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. John Gudenus. Ich erteile es ihm.

17.35

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Generalsekretär des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten! Meine Damen und Herren! Von meinem Vorredner haben Sie die Probleme gehört, aufgrund welcher eine an und für sich gute Idee für uns nicht nachvollziehbar ist.

Wie entstehen Wüsten, meine Damen und Herren? – Durch Übernutzung, durch Überschlägerung, durch Wind- und Wassererosion. Ähnlich wird meines Erachtens auch mit unserer Bundes-Verfassungsgesetzgebung praktiziert. Wie entsteht eine gesetzgeberische oder verfassungsmäßige Wüste? – Indem man ständig an der Verfassung nagt, an ihr eine Wind-, Wasser- und Gesetzgebungserosion vornehmen läßt, durch welche der Kern der Verfassung zu einem Punkt reduziert wird, weshalb sie relativ bald – wenn auch noch nicht, das ist ein Glück! – nicht mehr als solche wahrnehmbar ist.

Ich bin kein Verfassungsrechtler, aber ich erkenne die Vorgangsweise, in der man hier in Österreich immer wieder Gesetze, bei denen man der Opposition nicht zumutet, diese nachvollziehen zu können, die man aber internationalen Organisationen in vorauseilendem Gehorsam schön andienen zu müssen meint, mit einem Verfassungsgesetz regelt. Das ist untragbar, meine Damen und Herren! Das ist der Würde des Parlaments und der Parlamentarier in beiden Häusern nicht zumutbar! Ich verstehe nicht, warum Sie sich nicht dagegen aussprechen!

Es könnte auch eine andere Technik angewandt werden, der Erfolg könnte sich auch anders einstellen, meine Damen und Herren! Ich meine nämlich, daß dieses Gesetz im Prinzip gut ist. Wir wollen ja etwas Gutes: Die Wüste soll leben! – "Die Wüste lebt" war ein hervorragender Film


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