Bundesrat Stenographisches Protokoll 625. Sitzung / Seite 29

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Eines muß man auch sagen: Die Neutralität ist – wie vieles andere in unserer Bundesgesetzgebung auch – nicht statisch. Wir verstehen auch, daß sich die Situation ändert und natürlich auch die Interpretation der Neutralität. Dessen sind wir uns bewußt. Deshalb frage ich Sie auch, Frau Kollegin: Wo sehen Sie denn den Bruch der Neutralität bei einem Einsatz in Albanien? – Gegenüber bewaffneten Banditen, die verhindern, daß Frauen, Kinder, Alte und Gebrechliche Versorgungsmaterial bekommen? Sollen wir uns da neutral verhalten? Da sagen wir Sozialdemokraten nein, da werden wir uns nicht neutral verhalten! (Beifall bei der SPÖ.)

Deshalb glaube ich, ist dieser Einsatz ein sehr wichtiger Einsatz, auch um die Möglichkeiten Österreichs für eine Sicherheitskooperation, für eine Sicherheitssolidarität und für eine Zusammenarbeit in Europa zu steigern. Deshalb wünsche ich den Freiwilligen, die bereit sind, diese sehr schwierige Aufgabe auf sich zu nehmen, einen Einsatz in Albanien durchzuführen, viel Erfolg, alles Gute und sehe auch im Entsendegesetz einen wichtigen Schritt der Außen- und Sicherheitspolitik in Österreich. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.02

Präsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dr. Fasslabend. Ich erteile es ihm.

14.02

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zuerst einmal möchte ich mich bei Ihnen bedanken, daß Sie heute im Rahmen einer Sondersitzung dieses Entsendegesetz diskutieren und darüber auch Beschluß fassen.

Ich möchte gleich zu Beginn sagen, daß es keineswegs ein Anlaßgesetz ist, sondern daß die Überlegungen und ganz konkrete Vorschläge dazu bereits weit mehr als ein Jahr zurückliegen, daß im Herbst des vorigen Jahres zwischen den Regierungsparteien bereits Einigung über alle wesentlichen Bestimmungen erzielt wurde und daß es aufgrund einer gründlichen parlamentarischen Behandlung bis jetzt nicht beschlossen wurde.

Die Tatsache, daß dieses Gesetz nunmehr beschlossen werden soll, ist zweifellos etwas, das in Zukunft ganz wesentlich dazu beitragen wird, daß wir auf die neue sicherheitspolitische Situation in Europa, aber auch global gezielter, rascher, effizienter und umfassender zu reagieren imstande sind. Das ist auch erforderlich, weil gerade das gezielte, das rasche und effiziente und auch das umfassende Reagieren auf eine bestimmte sicherheitspolitische Situation weit mehr als früher den Erfordernissen der geostrategischen Situation entspricht.

Während in der Zeit des kalten Krieges eine Polarisation stattgefunden hat, in der es im extremen Ausmaß notwendig war, mit einer ungeheuren Vorsicht zu agieren, um nicht einen weltweiten Konflikt auszulösen, ist heute das wichtigste sicherheitspolitische Erfordernis, auf weite Destabilisierungen zu reagieren beziehungsweise ihnen vorzubeugen und damit das Entstehen von Kriegen, kriegsähnlichen Situationen und Krisen überhaupt unmöglich zu machen.

Gerade Österreich ist wahrscheinlich besser als viele andere Staaten in der Lage, das aus eigener Anschauung auch beurteilen zu können.

Denken wir an die Situation vor wenigen Jahren zurück: Wir waren eines der wenigen Länder, in dem die Krise, die sich in Ex-Jugoslawien angebahnt hat, zumindest von einigen namhaften Persönlichkeiten rechtzeitig erkannt wurde. In den übrigen Teilen Europas hat man damals die Brisanz der Situation nicht erkannt, und als dann der Krieg unmittelbar an unserer Südgrenze ausgebrochen ist, hat man in vielen westeuropäischen, aber auch in anderen Hauptstädten noch darüber philosophiert, daß das nur eine innere Polizeimaßnahme sei, um den Zerfall des Staates abzublocken, und daß dem weiter nichts zuzurechnen sei.

Erst als wenige Monate beziehungsweise Wochen nach dem begonnenen Krieg in Slowenien auch ein konsequent geplanter Krieg in Kroatien begonnen hat, ist manchen bewußt geworden, daß es mehr als nur eine innere Angelegenheit ist. Da war immer noch ein halbes Jahr Zeit bis zum Ausbruch des Krieges in Bosnien-Herzegowina. Selbst namhafte Politiker dieses Landes


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