Bundesrat Stenographisches Protokoll 628. Sitzung / Seite 165

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21.20

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte versuchen, auf das einzugehen, was im Saatgutgesetz und im Pflanzgutgesetz tatsächlich drinnensteht, Herr Kollege Waldhäusl!

Beide Gesetze sind wichtig, sie bieten Sicherheit für die Landwirte. Es ist manchmal frappierend, wie leichtfertig mit dieser Frage umgegangen wird. Für den Bauern ist wohl entscheidend, daß die Qualität des Produktes, des Saatgutes, das er kauft, tatsächlich stimmt und paßt. Denn davon hängt für den Bauern der wirtschaftliche Erfolg eines ganzen Jahres ab. Es ist daher notwendig und gut, daß der Gesetzgeber den bestmöglichen Schutz für die Bauern und Produzenten sicherstellt.

Zweitens: Die gesetzliche Grundlage, die wir jetzt schaffen, ermöglicht der österreichischen Saatgutwirtschaft, daß, wenn Zertifizierungen von Saatgut und Pflanzgut auf Basis dieser neuen rechtlichen Grundlagen erfolgen, damit vom Grundsatz her automatisch das Recht besteht, diese Sorten und dieses Saatgut auch in der Europäischen Union vertreiben zu können. Es ist wohl klar, daß diese Wirtschaftssektoren an einem größeren Markt interessiert sein müssen, weil – wie Sie wissen, meine Damen und Herren – der Aufwand für die Zucht einer Sorte sehr, sehr hoch ist. Je geringer das mögliche Verbreitungsgebiet ist, desto geringer ist auch die wirtschaftliche Grundlage. Wenn wir der österreichischen Saatgutwirtschaft die wirtschaftliche Grundlage schmälern, dann führen wir die österreichischen Bauern in eine stärkere Abhängigkeit. Das genaue Gegenteil von dem, was häufig gesagt wird, ist also der Fall.

Drittens: Es ist eine Regelung hinsichtlich der Nachbarschaftshilfe sowohl im Saatgutgesetz als auch im Pflanzgutgesetz enthalten. Das Landwirtschaftsministerium hat eine entsprechende Verordnung als Entwurf in Begutachtung gegeben, und die zitierten Schreiben beziehen sich auf den Verordnungsentwurf. Das Landwirtschaftsministerium wird alle kritischen Gruppierungen und Organisationen zu einem Gespräch einladen. Ich füge aber deutlich hinzu: Auch dann werden wir entscheiden müssen, was uns wichtiger ist. Ist uns wichtiger, daß unter dem Titel "Nachbarschaftshilfe" de facto die Zertifizierung und die Qualität der Saatgut- und Pflanzgutregelung ausgehöhlt werden, oder ist es uns wichtiger, für die Bauern Sicherheit zu haben?

Ich bekenne mich dazu, daß wir Nachbarschaftshilfe dort ermöglichen, wo sie ihren Sinn erfüllt. Wenn daraus ein Handel von Saatgut organisiert wird, der eigentlich nur zur Umgehung des Saatgutgesetzes führt, dann bin ich dafür nicht zu haben, weil das ein schlechter Dienst an den Bauern wäre.

Meine Damen und Herren! Auch zur Frage Gentechnik und Kennzeichnung möchte ich einige ergänzende Bemerkungen anfügen, die aus meiner Sicht notwendig sind und zu mehr Klarheit beitragen sollen. – Offensichtlich rächt es sich, wenn man zehn Minuten zu spät kommt, Herr Bundesrat Waldhäusl!

Das Saatgutgesetz beinhaltet bereits jetzt in § 15 die Möglichkeit einer Kennzeichnung, wenn das europäische Recht diese Kennzeichnung ermöglicht. Warum lege ich darauf Wert? – Wir müssen uns vor Augen halten, was die Folge wäre, wenn jetzt sofort ein nationales Gesetz für die Kennzeichnung in Rechtskraft treten würde. Das würde bedeuten, daß wir nur jene Sorten, die im österreichischen Sortenregister zugelassen sind, tatsächlich kennzeichnen könnten. Das würde aber weiters bedeuten, daß alle Sorten, die im europäischen Sortenregister zugelassen sind, nicht dieser Kennzeichnung unterliegen würden. Das hätte zur Folge, daß eine Sorte, wenn sie im europäischen Register aufscheint und am österreichischen Markt ist, ohne Kennzeichnung am österreichischen Markt wäre, wogegen ein österreichisches Produkt gekennzeichnet sein müßte. Das würde weiters zur Folge haben, daß Mischungen von Saatgut aus österreichischen oder anderen Sorten nicht gekennzeichnet werden könnten. Ich frage mich, ob das ein sinnvoller Weg wäre. Er würde nämlich nicht zur Sicherheit, sondern zur Verwirrung beitragen.

Ich habe daher aufgrund einer Entschließung des Nationalrates in einem Zwischenschritt entschieden, daß Kennzeichnungen in der österreichischen Sortenliste zu erfolgen haben. Es ist nicht so, Herr Bundesrat Eisl, daß das nur im Internet steht, sondern ich habe auch veranlaßt,


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