Bundesrat Stenographisches Protokoll 629. Sitzung / Seite 66

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Im § 149i Abs. 3 der geplanten Strafprozeßordnung steht – ich zitiere –: Es ist unzulässig, in einen Datenabgleich Daten einzubeziehen, die die rassische Herkunft, politische Anschauungen, religiöse und andere Überzeugungen oder Merkmale des Gesundheitszustandes oder des Sexuallebens erkennen lassen. – Und weiter unten heißt es: Daten von Personenvereinigungen, deren Zweck in unmittelbarem Zusammenhang mit einem der besonders geschützten Merkmale steht, dürfen in einen Datenabgleich in keinem Fall einbezogen werden. – Also Religionsgemeinschaften, Sekten, auch Vereinigungen Homosexueller und so weiter.

Jetzt stelle ich Ihnen eine Frage. Es gibt einen sehr bekannten und in den Medien groß aufgemachten Mordfall in Amerika: Der berühmte Modeschöpfer Gianni Versace wurde vor seinem Haus erschossen. Es ist bekannt, daß er in Homosexuellenkreisen verkehrt hat. Und jetzt schließen Sie all diese Merkmale – die rassische Herkunft und so weiter – bei der Rasterfahndung aus. Was glauben Sie, wenn der Verdacht zum Beispiel auf einen Moslem schwarzer Hautfarbe fiele, der in homophilen Kreisen verkehrt, wie Sie dann eine Rasterfahndung machen werden? – Wollen Sie einfach in den Computer eingeben: Mann jugendlichen Alters, 1,75 Meter groß, und alle anderen Merkmale lassen Sie draußen? – Ja, dann brauche ich keine Rasterung! Da kann der Herr "Commissario" selbst mit eigenem Hausverstand, wenn er sich das aufschreibt, schneller zum Ziel kommen!

Ich sage Ihnen, damit haben Sie die Rasterfahndung zu einem zahnlosen Instrumentarium gemacht! Auf der einen Seite wollen Sie keine lauschfreien Zonen, Sie wollen jede Anwaltskanzlei abhören, Sie wollen jede Ordination abhören – vielleicht auch noch die Beichtstühle –, auf der anderen Seite nehmen Sie Merkmale aus der Rasterfahndung heraus.

Das wird nicht zielführend sein. Aus diesem Grunde kann ich dieser Änderung der Strafprozeßordnung meine Zustimmung nicht erteilen. Meiner Ansicht nach sollte man diese Dinge noch einmal diskutieren. Ich meine auch, daß die Eingriffe in die bürgerlichen Grund- und Freiheitsrechte zu groß sind, als daß man einem Gesetz mit derartigen Lücken seine Zustimmung geben könnte. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.00

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister für Inneres Mag. Schlögl. – Bitte.

13.00

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Herr Bundesrat! Ihre Position ist eigentlich nicht zu verstehen. Auf der einen Seite kritisieren Sie oder andere Vertreter Ihrer Partei gewisse Dinge, die in der Vergangenheit geschehen sind, auf der anderen Seite werfen Sie uns für unsere Bemühungen, Bedenken von Kritikern ernst zu nehmen und eine einigermaßen akzeptable Vorgangsweise zu finden, Verwässerung vor.

Selbstverständlich kann man bei der Rasterfahndung all das tun: Man kann Daten über die sexuelle Orientierung, die religiöse Einstellung, die politische Herkunft und ähnliches verrastern. Es gibt wahrscheinlich Fälle, in denen das sinnvoll ist. (Bundesrat DDr. Königshofer : Wie im Fall Versace!) Andererseits ist gerade das, lieber Herr Bundesrat, ein sehr schwerwiegender Eingriff in den Grundrechtsbereich. Was also wollen Sie? – Auf der einen Seite wehren Sie sich dagegen, daß man in Grundrechte eingreift, auf der anderen Seite fordern Sie es und sagen, Sie könnten deshalb nicht zustimmen.

Für uns ist die Rasterfahndung, wie sie beschlossen worden ist, ein wichtiger erster Schritt. In den wenigen Fällen, in denen die Einschränkungen zutreffen, können wir eben nicht zur Verrasterung greifen. Ich möchte hinzufügen, daß wir zwar nicht die Karteien von Vereinigungen und ähnlichen Gruppierungen, die in diesem Bereich tätig sind, benützen, wohl aber unser erkennungsdienstlich gewonnenes Wissen zu diesem Zweck verwenden können. Das heißt, wir können Daten über Personen verrastern, die bereits in diesem Bereich tätig gewesen und strafrechtlich erfaßt worden sind. Das ist im Gesetz vorgesehen und daher möglich. (Bundesrat Dr. Harring: Was ist dann der zweite Schritt? – Sie haben gesagt, das ist heute der erste Schritt!)


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