Bundesrat Stenographisches Protokoll 629. Sitzung / Seite 124

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selbst diskutiert werden, damit der Bundesrat in die Lage versetzt wird, zu seiner eigenen Reform auch Vorschläge zu machen, die auch in der Öffentlichkeit gehört werden.

Sie, Herr Präsident, möchte ich ersuchen, als Vorsitzender des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus diese Debatte ernsthaft zu betreiben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.22

Präsident Dr. Günther Hummer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Peter Böhm. – Bitte.

17.22

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Herr Staatssekretär! Auch mich hat die Beantwortung unserer Anfragen nicht befriedigt. Sie blieben mir allzu sehr im Formalen, und Sie gingen in keinem einzigen Punkt ins Grundsätzliche.

Wie schon meine Vorredner betont haben, besteht ein untrennbarer Sachzusammenhang zwischen der verschleppten Bundesstaatsreform und dem drohenden Zusammenbruch des Verwaltungsgerichtshofes. Es handelt sich nämlich tatsächlich um einen solchen.

Es gleicht schon Catos Ceterum censeo, wenn ich wieder einmal die langjährige freiheitliche Forderung aufgreife, endlich Verwaltungsgerichte in den Ländern einzurichten. Das Perchtoldsdorfer Paktum hatte sich diese Forderung ja durchaus zu eigen gemacht. Der Präsident des Verwaltungsgerichtshofes, Dr. Jabloner, mahnte die Realisierung dieses Vorhabens im Zuge eines Notstandsberichtes fast schon verzweifelt ein.

Leider – das muß eingeräumt werden – fehlt es auch am nötigen Nachdruck der Länder, um das Projekt durchzusetzen. Das enthebt freilich den Bund nicht seiner Verantwortung. Die Regierung und die sie tragende Mehrheit im Nationalrat nehmen sie allerdings nicht wahr. Das zeigte sich zuletzt wieder darin, daß wir mit dem heute beschlossenen Bundesasylsenat eine weitere Bundesbehörde geschaffen haben. Gewiß ist eben das zur Entlastung des Verwaltungsgerichtshofes geschehen; aber jeder rein punktuelle Ausbau der Kompetenzen der Unabhängigen Verwaltungssenate und noch mehr die Einrichtung sogar neuer Kommissionen gemäß Artikel 133 Z 4 B-VG ist stets ein Schritt weiter weg vom echten Ziel, nämlich der Einrichtung von Landesverwaltungsgerichten.

Ich gebe zu, daß das auch eine Kostenfrage ist, und ich sehe ein, daß die Länder nicht ohne Grund meinen, daß sich daran auch der Bund zu beteiligen habe, denn es dient ja der Entlastung des Verwaltungsgerichtshofes. Dieser wird in der Tat, Herr Staatssekretär, dadurch entlastet, daß ja von den Landesverwaltungsgerichten der Rechtszug nicht mehr schlechthin zum Verwaltungsgerichtshof in Wien gehen sollte, sondern nur noch in Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung, in denen es um eine bundeseinheitliche Auslegung geht.

Zweifellos beruht die heute völlig außer Streit gestellte starke Überlastung der Höchstgerichte primär auf der ausufernden Gesetzesflut. Da muß ich mich in einem Punkt vom Kollegen Rauchenberger unterscheiden: Es ist nicht richtig, daß der Oberste Gerichtshof nicht überlastet wäre. Er ist es gleichfalls, wenn auch nicht so dramatisch wie die beiden Höchstgerichte des öffentlichen Rechts. Und – das war vielleicht sein Fehler – er ist bisher nicht mit gleicher Deutlichkeit an die Öffentlichkeit gegangen. Ich weiß aber aus persönlicher Bekanntschaft mit einigen Mitgliedern des Obersten Gerichtshofes, wie es um dessen Überlastung steht. Ich muß leider auch im fachlichen Rahmen konstatieren, daß – zumindest im Zivilrecht vermag ich es zu beurteilen – der Oberste Gerichtshof seine bekannt hohe Qualität zunehmend nicht mehr beibehalten kann.

Er hat nicht die Flucht in die Öffentlichkeit angetreten, aber er hat sich schon in camera caritatis an das Justizministerium gewandt – der nicht mehr anwesende Herr Bundesminister für Justiz könnte es bestätigen –, indem er nämlich vorgefühlt hat, daß es wieder weitere Rechtsmittelbeschränkungen bezüglich seiner eigenen Anrufbarkeit geben soll, auch solche Anfechtungsbe


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