Bundesrat Stenographisches Protokoll 630. Sitzung / Seite 63

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werden könnten. Die Erfahrungen des tragischen Konflikts auf dem Balkan haben gezeigt, daß Ideen eines völlig neuen "umfassenden europäischen Sicherheitssystems" keine realistische Perspektive darstellen. Die künftigen europäischen Sicherheitsstrukturen werden viel eher auf einem dichteren – arbeitsteiligen – Zusammenwirken der bestehenden globalen und regionalen Organisationen und Foren, also insbesondere der Vereinten Nationen, der OSZE, der Europäischen Union, der WEU und der NATO, basieren. Der – vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen autorisierte und von der NATO geleitete – multinationale Friedenseinsatz in Bosnien und Herzegowina habe außerdem aufgezeigt, wie entscheidend das solidarische Zusammenwirken der Demokratien Europas und Nordamerikas für die Sicherheit dieses Kontinents ist und bleibt.

Österreich sei in dieses – sachlich und strukturell so vielfältig verflochtene – Geschehen heute insbesondere in seiner Eigenschaft als Mitglied der Europäischen Union eingebunden. Durch diesen Status habe Österreich seit 1995 auch tatsächlich die Möglichkeit, entscheidende europäische Zukunftsfragen, zu denen 1996 neben den Themen der Regierungskonferenz und der EU-Erweiterung insbesondere auch die Vorbereitung auf die Währungsunion gehört hat, gleichberechtigt mitzugestalten.

Besonders hervorzuheben sei auch, daß Österreich seine Stellung als Mitglied der Union wirkungsvoll für Initiativen im multilateralen Bereich nutzen konnte. Hierbei sei unter anderem der Einsatz zur vollständigen Ächtung von Anti-Personenminen und für ein umfassendes Verbot von Atomtests hervorzuheben.

Vor diesem Hintergrund könne dem – für das zweite Halbjahr 1998 anstehenden – Vorsitz Österreichs in der Europäischen Union mit Zuversicht entgegengesehen werden. Der Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten verlieh auch seiner Überzeugung Ausdruck, daß Österreich diese große Aufgabe erfolgreich meistern könne und der Verantwortung, in einer besonders wichtigen Phase des europäischen Integrationsgeschehens durch ein halbes Jahr "Gesicht und Stimme in der Union" zu sein, angemessen gerecht werden werde.

Der Außenpolitische Ausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 30. September 1997 mit Stimmenmehrheit den Antrag, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Dr. Riess-Passer. – Bitte.

13.24

Bundesrätin Dr. Susanne Riess-Passer (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Der Außenpolitische Bericht, den wir heute diskutieren, hat zwar einen schönen neuen und bunten Umschlag erhalten, der Inhalt wurde dagegen im Vergleich zu den Vorjahren um die Hälfte gekürzt. Kürzer heißt in diesem Fall leider nicht etwa prägnanter oder kompakter, sondern vor allem weniger, und zwar nicht nur im buchstäblichen, sondern auch im übertragenen Sinn des Wortes. Es heißt ganz konkret, weniger Außenpolitik, es heißt konkret, weniger Konsens in der österreichischen Außenpolitik – eine Tradition, die Österreich über Jahrzehnte und oft auch mit großem Erfolg gepflegt hat –, und zwar Konsens nicht nur zwischen der Regierung und der Opposition, sondern auch Konsens zwischen den Regierungsparteien. Aber nicht einmal davon kann heute mehr die Rede sein.

Der mehr als blamable Zickzackkurs der österreichischen Bundesregierung in der Frage NATO- und WEU-Beitritt ist heute schon angesprochen worden. Der NATO-Beitritt ist kein Thema, läßt zunächst der Herr Bundeskanzler die Öffentlichkeit im In- und Ausland wissen. Wenige Tage später tritt der Außenminister bei der NATO auf und bettelt geradezu um eine Einladung zu Beitrittsgesprächen. Kaum daß er seine Rede beendet hat, läßt der Klubobmann der SPÖ, Kostelka, via Medien wissen, daß der Herr Außenminister völlig falsch liege und genau das Gegenteil richtig sei, worauf der Herr Verteidigungsminister erklärt, nicht Kostelka, sondern Schüssel habe recht, und im übrigen verhalte sich das Verteidigungsministerium ohnehin schon längst so, als


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