Bundesrat Stenographisches Protokoll 634. Sitzung / Seite 20

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Nachkriegsperiode zum kalten Krieg und am Anfang einer Neuorganisation der sicherheitspolitischen Architektur Europas befinden, wie sie besser durch die Beschlüsse des heurigen Jahres gar nicht zum Ausdruck kommen kann.

Was ist geschehen? – Im heurigen Jahr ist es durch den Vertrag von Paris einvernehmlich zu einem Grundlagenvertrag zwischen der NATO und Rußland gekommen, wodurch Rußland de facto die Position eines assoziierten Staates zur NATO erhält. Es ist heute so, daß Rußland an den NATO-Beratungen früher und intensiver teilnehmen kann als Österreich. Das ist den meisten Österreichern nicht bewußt. Der tatsächliche Ablauf sieht nämlich folgendermaßen aus: Bei NATO-Konferenzen treffen sich zuerst die 16 Stammitglieder, in weiterer Folge werden die zwei Länder in die Beratungen miteinbezogen, mit denen spezielle Verträge vorhanden sind. Das sind Rußland und die Ukraine. In weiterer Folge werden auch die neu aufzunehmenden Mitglieder beigezogen. Das sind Polen, Tschechien und Ungarn. Daraus ergibt sich die Situation, daß wir erst dann beigezogen werden, wenn alle Entscheidungen von diesem Staatenkreis, der fast ganz Europa und fast alle maßgeblichen Staaten umfaßt, schon getroffen worden sind, und das bezieht sich dann auch immer mehr auf ein bloßes Informieren.

Ich sage das deshalb, weil es nach außen hin vielfach nicht bewußt ist, daß unsere Stellung zur NATO zurzeit eine deutlich schwächere ist, eine deutlich nachteiligere als etwa die, wie sie Rußland hat, und daß gerade das, was wir auch in der Vergangenheit immer unter unseren Vermittlungsdiensten verstanden haben, in Zukunft nur dann stattfinden kann, wenn wir selbst in den Gremien sind. Sonst ist es so, daß die Gespräche ohne uns geführt werden, und wir können uns nachher nur darüber erkundigen, was tatsächlich gelaufen ist.

Ich kann sagen, wir befinden uns bereits in diesem Zustand. Ich habe bei meinem letzten Gespräch bereits meinen ungarischen Amtskollegen fragen müssen, was besprochen worden ist. Und da geht es durchaus um wichtige Fragen, etwa was geschieht am Balkan, welche Vorbereitungsmaßnahmen werden für das nächste Jahr getroffen, wenn SFOR endet, welches Konzept oder welche Vorbereitungen gibt es für die Sicherheit in Mitteleuropa et cetera.

Das ist nicht eine Frage, die sich auf unser Land allein bezieht, sondern in Wirklichkeit ist der Kreis der Länder, die nicht mehr beigezogen werden, eigentlich einer, der sich, ich möchte nicht sagen, am Rande Europas befindet, aber tendenziell ist es so. Mit Ausnahme von Österreich sind es im wesentlichen nur mehr Staaten wie die Slowakei, Slowenien, Kroatien, Serbien, Albanien, Mazedonien, Bulgarien, Rumänien, Moldawien beziehungsweise die außereuropäischen Länder – diese werden aber auch im Rahmen der NATO-Partnerschaft beigezogen – wie Kasachstan, Usbekistan et cetera, die nicht daran teilnehmen, wenn man von Schweden und Finnland absieht. Aber auch bei diesen Ländern ist die Situation eine andere, weil sie sich in einer anderen geographischen Lage befinden.

Präsident Dr. Günther Hummer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Peter Rodek (ÖVP, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Können Sie uns Auskunft über den aktuellen Stand dieser Strukturanpassung geben?

Präsident Dr. Günther Hummer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Die Strukturanpassung soll so stattfinden, daß wir aufgrund der veränderten geostrategischen Situation, aber auch aufgrund der Notwendigkeit, zu rationalisieren, die sich in jedem Betrieb stellt, die Organisation in der Form anpassen, daß wir den Mobilisierungsrahmen insgesamt auf 110 000 inklusive Reserven festlegen. Bis jetzt hatten wir 120 000 plus 20 Prozent Reserven, das heißt eine Größenordnung von zirka 150 000.

Zweitens soll es so sein, daß wir im inneren Bereich die Anzahl der Kommanden verringern, um dadurch auch das nötige Einsparpotential zu gewinnen beziehungsweise die Kraft, die wir besitzen, in die Truppe hineinstecken zu können. Das führt dazu, daß wir in Zukunft ein Korpskommando auflösen werden, daß wir die mechanisierten Truppen neu gestalten, und zwar in der Form, daß es eben nur mehr zwei Panzergrenadier-Brigadekommanden geben wird und daß wir


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