Bundesrat Stenographisches Protokoll 634. Sitzung / Seite 30

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sofern sehe ich das auch nicht als eine persönliche Meinung an, sondern als eine Meinung, die weit darüber hinausgeht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Günther Hummer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte sehr.

Bundesrat Franz Richau (ÖVP, Kärnten): Herr Bundesminister! Ich habe in vielen Diskussionen festgestellt, daß der Begriff NATO zu sehr im militärischen Bereich gesehen wird und nicht als sicherheitspolitische Architektur.

Daher die Zusatzfrage: Gibt es eine Alternative zur NATO?

Präsident Dr. Günther Hummer: Bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Nein. Ich sehe diesbezüglich auf lange Sicht keine Alternative. Natürlich kann man, wenn man in Jahrzehnten oder in Jahrhunderten denkt, sich auch andere Möglichkeiten vorstellen. Für die nächsten zwei Jahrzehnte gibt es aber mit Sicherheit keine Alternative, und zwar aus folgenden Gründen:

Die NATO bietet den enormen Vorteil, daß jedes Mitglied, das dieser Staatengemeinschaft angehört, von vornherein eigentlich darauf vertrauen kann, daß die Wahrscheinlichkeit, daß es dann von jemanden von außen angegriffen wird, relativ gering ist, weil es niemand wagt, ein Mitglied einer derart starken Gemeinschaft anzugreifen. Das heißt, die Sicherheit wird enorm erhöht.

Zweitens gibt es, weil es das effizienteste Instrumentarium ist, auch die Möglichkeit, tatsächlich Krisen vorbeugend zu verhindern. Ich sage das auch deshalb, weil es häufig so rasch vergessen wird. Die Vereinten Nationen haben ungeheuer Wertvolles in Ex-Jugoslawien, in Bosnien mit ihrem Einsatz geleistet. Trotzdem hat der gesamte IFOR-Einsatz nicht ausgereicht, um die Kämpfe zu beenden, Frieden herzustellen, die Tötungen zu verhindern et cetera. Ganz im Gegenteil! Es ist fortgesetzt worden, zwar vermindert, aber es ist fortgesetzt worden. Erst als die NATO dort auch das Kommando, die Planung, die Einsatzführung übernommen hat, ist es anders geworden.

Das ist auch für die Soldaten ein enormer Vorteil. Da geht es gar nicht nur um die betroffene Bevölkerung, sondern ich erinnere daran: Es sind die UN-Soldaten gefangengenommen worden, sie sind nicht nur gehöhnt worden, sondern sie sind Repressalien unterworfen worden, und zwar aus demokratischen Staaten. Denken Sie nur an die Vorfälle mit den holländischen Soldaten, die sich abgespielt haben. Das hat es im Rahmen der NATO nicht gegeben, weil natürlich auch die Effizienz nach außen eine viel höhere ist.

Der dritte Aspekt ist für mich zweifellos auch jener der Kosten, weil es ohne Frage insgesamt günstiger ist, wenn man die Sicherheit gemeinsam organisiert, als wenn sie jeder alleine organisiert. Ich messe auch diesem Umstand eine besondere Bedeutung zu, weil wir ein Land sind, das seit 1955 immer mit einem Minimum an Verteidigungsmitteln ausgekommen ist. Wir haben eines der niedrigsten Verteidigungsbudgets in ganz Europa. Und insofern ist es auch dort von einer ganz besonderen Bedeutung, daß wir das, was wir haben, auch möglichst so einsetzen, daß ein möglichst hoher Sicherheitsnutzen daraus entsteht. Es geht nicht darum, daß jeder etwas hat oder daß jeder das Seine hat, sondern daß daraus eine möglichst hohe Kosten-Nutzen-Relation entsteht.

Aus diesen drei Gründen ist es meiner Meinung nach wirklich notwendig, sich dieser Diskussion zu stellen, auch dann, wenn sie einmal unpopulär sein sollte. Ich nehme das gerne in Kauf. Ich weiß, persönlich bringt mir diese Diskussion kein Lob, sondern da oder dort vielleicht Kritik oder auch Unverständnis. Nur: Wenn wir in der Politik so weit kommen, daß wir nur das machen, was leicht geht, und nicht das, was notwendig ist, dann haben wir unsere Funktion eigentlich verloren. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Günther Hummer: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Herr Bundesrat Albrecht Kone#ny, ich bitte um die Zusatzfrage.


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