Bundesrat Stenographisches Protokoll 635. Sitzung / Seite 35

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Die Alpen sind und werden – Gott sei Dank – seit Jahrtausenden bevölkert, bewirtschaftet und bejagt. Jene Regeln, die weltweit in Regionen Anwendung finden, in denen keine oder kaum Bevölkerung da ist und es kaum jemals eine Bewirtschaftung gegeben hat, sind nur schwer auf diesen alpinen Nationalpark Hohe Tauern anzuwenden. Das Fernziel bleibt die internationale Anerkennung, aber der Weg dorthin wird ein schrittweiser sein, und auf die Sensibilitäten der jeweiligen Bevölkerung wird Rücksicht zu nehmen sein, und zwar in sehr hohem Maße.

Präsident Ludwig Bieringer: Danke. – Für eine weitere Zusatzfrage hat sich Herr Dr. Peter Harring zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Dr. Peter Harring (Freiheitliche, Kärnten): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Auch ich beurteile die Entwicklung bei den österreichischen Nationalparken durchaus positiv, vor allem weil sich die Zusammenarbeit zwischen dem Naturschutz des Landes und der Förderung des Bundes in den letzten Jahren deutlich verbessert hat. Ich gehe aber davon aus, daß es nichts gibt, was man nicht noch besser machen könnte, daher wundert mich Ihre persönliche Zurückhaltung, was das Kärntner Anliegen hinsichtlich des Gebietes der Nockberge betrifft. Das ist eine solch wunderschöne Landschaft, daß ich mich eigentlich schon seit längerer Zeit darüber wundere, daß Sie sich gerade bei den Nockbergen so zurückhalten. Gut, Sie haben gesagt, Sie sind ein steirischer Minister, daher liegt Ihnen das Gesäuse vielleicht näher, aber ich möchte Sie trotzdem fragen, wie Sie zu diesem Anliegen Kärntens stehen.

Ich möchte ferner an die Wortmeldung des Kollegen Prähauser anschließen: Im Zusammenhang mit einer EU-Förderung bin ich davon überzeugt, daß die Anerkennung der IUCN, dieser internationalen Kommission für diese Angelegenheiten, gerade was den Nationalpark Hohe Tauern betrifft, sehr wichtig wäre. Ich frage Sie: Muß man diese Anerkennung für die Zukunft wirklich vergessen? Denn wenn diese Kommission sagt, daß das gesamte Gebiet eines Nationalparks frei von menschlicher Nutzung sein muß, dann gehe ich davon aus, daß das dort nie möglich sein wird.

Präsident Ludwig Bieringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Sehr verehrter Herr Bundesrat! Die IUCN sagt nicht "frei von jeglicher Nutzung", sondern es heißt, daß 75 Prozent der Nationalparkfläche außer wirtschaftlicher Nutzung gestellt sein müssen. Aber auch das ist ein schwierig genug zu erreichendes Kriterium.

Was die Nockberge anlangt, möchte ich betonen: Ich bin zwar ein begeisterter Steirer, aber auch ein begeisterter Kärnten-Urlauber. Ich verbringe nicht nur in den letzten Jahren regelmäßig meinen Sommerurlaub in Kärnten, sondern gehe auch gemeinsam mit den Kindern in Kärnten Schifahren, und zwar in Bad Kleinkirchheim. – Das Schifahren betreiben sie allerdings auch getrennt vom Vater, und zwar aus zeitlichen Gründen, weil man in Wien bekanntlich auf die Bundesländersemesterferien herzlich wenig Rücksicht nimmt.

Wenn man also auf der einen Seite am Millstätter See und auf der anderen Seite in Bad Kleinkirchheim urlaubt, dann beinhaltet das auch Ausflüge in die Nockberge. Ich kenne und schätze sie, ich bewandere sie und befahre sie, weiß aber auch gleichzeitig das Urteil unserer Experten zu schätzen, das da lautet: Es sind die Nockberge in einem Ausmaß Kulturlandschaft, bewirtschaftetes Almwirtschaftsgebiet, daß eine Anerkennung durch die IUCN sehr wenig wahrscheinlich wäre. Und es ist unser Prinzip, sehr verehrter Herr Bundesrat, Nationalparkprojekte nur dann vom Bund aus zu fördern, wenn eine IUCN-Anerkennung zumindest möglich erscheint.

Wie Sie wissen, ist der Naturschutz vom Prinzip her und nach der Verfassungslage Landessache. Nur im Bereich der Nationalparke oder noch höherrangiger wissenschaftlicher Reservate – wir haben zum Beispiel den Rotwald am Dürrenstein in Niederösterreich als phantastisches Projekt in ein Live-Programm integrieren können – wollen und können wir in diese Richtung gehen. Ich bedauere das zwar auf der anderen Seite, aber ich sage das, wenn ich in der Region bin, offen: Es macht keinen Sinn, den Leuten in der Region Nockberge vorzugaukeln, daß eine Integration in unser Bundes-Nationalparkprojekt-Programm möglich wäre. Ich sehe diese Möglichkeit aus heutiger Sicht nicht.


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