Bundesrat Stenographisches Protokoll 635. Sitzung / Seite 37

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daß ich bei Gelegenheit in Brüssel von meinen Kollegen im Umweltministerrat auf den von Ihnen angezogenen Sachverhalt angesprochen werde.

Präsident Ludwig Bieringer: Danke, Herr Bundesminister.

Für eine weitere Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Gottfried Jaud gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Gottfried Jaud (ÖVP, Tirol): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Wie beurteilen Sie die Kernkraft im Zusammenhang mit der Klimapolitik, vor allem auch im Hinblick auf die Verhandlungen von Toronto und Kyoto?

Präsident Ludwig Bieringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Verehrter Herr Bundesrat! Es ist das gewissermaßen ein Bedrohungsszenario. Ich sage das auch deshalb, weil die erste Reaktion Japans auf das Ergebnis von Kyoto war, daß man überlegt hat, wieviel Kernkraftwerke man denn in Japan bauen müsse. Auf der anderen Seite sind auch Stimmen laut geworden, die sagen, die Kernkraft sei eine CO2-neutrale Technologie. – Das stimmt zwar für den Routinebetrieb, aber für die Installation und die Entsorgung ganz sicherlich nicht.

Meine Antwort lautet daher: Ich glaube das nicht. Ich habe das auch bei meiner Rede in Kyoto gesagt. Sehr verehrter Herr Bundesrat! Während Reden im Plenum bei derart großen Tagungen eher die Routine darstellen und die echten Verhandlungen anderswo ablaufen, haben mir bei meiner klaren Absage an die Kerntechnologie als Ersatz für fossile Energietechnologie nicht nur österreichische Vertreter, sondern auch Vertreter anderer Länder Applaus gespendet. Ich hoffe daher, daß es nicht nur wir Österreicher ablehnen, die Kerntechnik quasi als CO2-neutrale Technologie an die Stelle der fossilen Energietechnologie zu setzen. Ich lehne das ganz dezidiert und bestimmt ab. (Beifall des Bundesrates Ing. Grasberger. )

Präsident Ludwig Bieringer: Danke, Herr Bundesminister.

Für eine weitere Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Karl Drochter gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Karl Drochter (SPÖ, Wien): Herr Bundesminister! Ich unterstütze Ihren Wunsch, in Europa eine atomfreie Zone einzurichten. Solange wir diese aber nicht haben, sind natürlich auch größere Störfälle nicht ausgeschlossen. Sie haben schon erwähnt, daß unsere östlichen Nachbarländer Atomkraftwerke haben, die sehr sensibel sind.

Meine Frage lautet: Sind die bestehenden Sicherheitssysteme auf dem letzten technologischen Stand, und sind wir in Österreich, die wir von einem derartigen Risikofall unmittelbar betroffen wären, auch darauf vorbereitet, einem solchen zum Schutz unserer Bevölkerung zu begegnen?

Präsident Ludwig Bieringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Sehr verehrter Herr Bundesrat! Die Bundesregierung hat in der Folge von Tschernobyl verstärkte Anstrengungen unternommen, um zumindest Frühwarnsysteme zu installieren, und zwar gemeinsam mit möglichst vielen unserer Nachbarländer, mit möglichst vielen jener Länder, in denen aus unserer Sicht besonders unsichere Kernreaktoren, zum Teil sogar vom Typ Tschernobyl, installiert sind. Wir waren dabei zum guten Teil erfolgreich und haben mit einigen Nachbarländern automatisch funktionierende Installationen eingerichtet. Das heißt, wenn es dort zu erhöhten Strahlenbelastungen kommt, dann gibt es hier eine entsprechende Meldung.

Ich darf darauf aufmerksam machen, daß wir auch mit der Ukraine in den letzten Monaten ein bilaterales Strahlenschutzabkommen abgeschlossen haben und es die Verpflichtung gibt, uns im Falle einer Störung frühzeitig zu warnen, um Zustände wie im Jahr 1986 zu vermeiden. Nach dem Unglück von Tschernobyl wurde erst über in Schweden erfolgte Messungen eines radioaktiven Fallouts die Katastrophe ruchbar und einige Tage später erst wirklich bekannt – jedenfalls Tage, nachdem der radioaktive Fallout zum guten Teil auch Österreich erreicht hat.


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