Bundesrat Stenographisches Protokoll 635. Sitzung / Seite 68

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umzugehen. Gerade die EKIS-Daten, gerade die FIS-Daten sind Daten, die von mehr als 20 000 Gendarmerie- und Polizeibeamten abgerufen werden können. Das heißt, die Möglichkeit oder die Gefahr, daß Daten mißbräuchlich verwendet werden, ist umso höher, je mehr Personen die Möglichkeit haben, zugreifen zu können.

Darum ist es – zweitens – für mich notwendig und wichtig, wenn so etwas mißbräuchlich abgefragt und mißbräuchlich weitergegeben worden ist, klar die Konsequenzen zu ziehen, ohne daß ich irgend jemanden verfolge, ohne daß eine Hatz gemacht wird. Es ist im Interesse der österreichischen Bürgerinnen und Bürger, daß mit den Daten, die über sie gespeichert sind, vorsichtig umgegangen wird, so umgegangen wird, wie es im Rechtsstaat notwendig ist. Es ist aber auch im Interesse aller Exekutivbeamten, damit diese genau wissen, daß, falls es ein schwarzes Schaf geben sollte, dieses mit der entsprechenden Behandlung zu rechnen hat.

Weiters ist für mich wichtig – das sage ich auch gleich dazu –, daß die österreichische Exekutive ein Bereich ist, der die österreichische Gesellschaft widerspiegelt, und jeder einzelne Beamte und jede einzelne Beamtin das gleiche Recht haben, politisch tätig zu sein, wie jeder andere innerhalb unserer Gesellschaft. Was mir wichtig und notwendig erscheint, ist, klar zu sagen, daß sie in ihrer Dienstausübung parteipolitisch unabhängig und ungebunden agieren müssen, daß sie aber natürlich als Privatpersonen genauso wie jeder andere das Recht und die Möglichkeit, auch die Verpflichtung – wenn ich das so hart formulieren darf – haben sollen und dürfen, politisch tätig zu sein.

Ich möchte auch nicht, daß wir in der österreichischen Exekutive 33 500 Jasager haben, die nur das nachplappern, was der jeweils politisch Verantwortliche im Ministerium, je nachdem, von welcher Seite er kommt, gerade vorgibt. Das wäre falsch. Notwendig und wichtig ist aber, daß es auch innerhalb der österreichischen Exekutive eine Grundsolidarität gibt. Das heißt, ich erwarte, daß, wenn es Probleme und Mißstände gibt – es gibt auch bei uns genügend Probleme und Mißstände; jeder weiß das; in solch einem Apparat muß es das einfach geben, es wäre schlecht, wenn es das nicht gäbe –, innerhalb des Dienstweges eine Klärung versucht wird. Erst wenn das nicht möglich ist und auch der zuständige Minister keine Bereitschaft zeigt, hier Abhilfe zu schaffen, dann ist natürlich auch der Weg zu den Oppositionsparteien offen. Wieso nicht? – Ich habe damit überhaupt kein Problem. Das gehört zur Demokratie, daß in solchen Bereichen auch Oppositionsparteien die Möglichkeit und das Recht der Information und des Umsetzens haben.

Wichtig und notwendig erscheint mir, daß aber auch innerhalb der Organisation der Weg des Veränderns beschritten wird. Wenn die Dinge nur nach außen getragen werden, innerhalb der Organisation aber keine Veränderungen eingeleitet werden, dann halte ich das für problematisch.

Zur Frage der Kurden und der Schlepperei. Es ist falsch, zu behaupten, daß der Flüchtlingsstrom, der in den letzten Wochen aus der Türkei nach Süditalien gekommen ist, ein Flüchtlingsstrom ist, der ausschließlich aus Kurden besteht. Ganz im Gegenteil! Die Informationen, die ich habe, zeigen, daß dieser quer durch die Nationen und Völker geht.

Es sind laut Informationen aus dem italienischen Innenministerium rund 20 Prozent der Menschen, die in Süditalien gestrandet sind, Kurden aus dem Nordirak. Und das sind Menschen, die doppelt betroffen sind: Sie sind einerseits von den ständigen Angriffen der türkischen Armee auf den Nordirak betroffen, sie sind aber zusätzlich von den internen Auseinandersetzungen, die es zwischen den verschiedenen rivalisierenden Kurdengruppen gibt, betroffen. Darüber hinaus sind um die 30 bis 40 Prozent Menschen der unterschiedlichsten Nationalitäten – das reicht von Ägyptern bis Menschen aus Sri Lanka – hierher geflüchtet, und es sind zirka 40 bis 50 Prozent Türken, von denen nur ein Teil der ethnischen Herkunft nach Kurden sind. Es sind auch viele andere dabei.

Die bisherige Erfahrung zeigt mir, daß ein Großteil dieser Menschen auch Menschen sind, die nicht aufgrund politischer Verfolgung nach Süditalien oder nach Europa flüchten, sondern das sind Menschen – ich habe sie einmal als Wirtschaftsflüchtlinge bezeichnet; vielleicht ist das kein


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