Bundesrat Stenographisches Protokoll 635. Sitzung / Seite 69

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guter Ausdruck, vielleicht ist der Begriff Armutsflüchtling ein besserer Ausdruck dafür; ich verwende diesen auch immer stärker, weil ich glaube, daß dieser Begriff das Problem sehr gut trifft –, die aufgrund ihrer sozialen Notsituation, aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation, aufgrund der Situation in den entsprechenden Ländern flüchten.

Ich möchte hier aber auch sehr offen und deutlich sagen, daß es kein Recht geben kann – auch bei politischen Flüchtlingen nicht –, daß sie sich das Land, in dem sie Asyl bekommen können, aussuchen. Es gibt mit der Drittstaatsklausel, aber auch mit dem Dubliner Übereinkommen innerhalb der europäischen Staaten die klare Regelung, daß ein Mensch dort um politisches Asyl anzusuchen hat und es auch dort gewährt oder nicht gewährt bekommt, wo er erstmals vor Verfolgung sicher gewesen ist.

Und daraus erklärt sich auch meine Reaktion als Innenminister. Ich war eigentlich der erste und einzige Innenminister, der sofort auf diese Landung reagiert hat, indem ich gesagt habe: Es kann nicht so sein, daß die italienischen Behörden diesen Menschen, die aus der Türkei oder aus anderen Staaten nach Europa flüchten, kein ordentliches Asylverfahren gewähren, sondern daß man ihnen einfach einen Ausweisungsbescheid gibt und gesagt wird: Innerhalb von 15 Tagen habt ihr unser Land zu verlassen! Wohin gehen diese Menschen? – Diese werden nicht dorthin zurückgehen, woher sie gekommen sind, sondern sie werden weiterwandern – nach Österreich, nach Deutschland, nach Frankreich, Schweden oder in andere Staaten.

Darum war es meiner Meinung nach eine richtige Maßnahme – ich verteidige sie nach wie vor –, daß wir als erstes und einziges Land sofort die Grenzkontrollstellen zu Italien, die wieder geöffnet worden sind, wieder kontrolliert und stärker überwacht haben. Das war eine notwendige und wichtige präventive Maßnahme, die auch dazu geführt hat, die Italiener unter Druck zu setzen und ihnen zu sagen: Bitte, ihr müßt diesen Menschen genauso ein ordentliches Asylverfahren geben, wie wir all jenen Menschen ein ordentliches Asylverfahren geben, die zu uns flüchten! – Das ist erreicht worden, und darüber bin ich auch sehr froh und glücklich.

Zur Dokumentation dessen, daß nur ein Teil dieser Menschen wirklich politisch Verfolgte sind, dient auch die Tatsache, daß zumindest bis Samstag der vergangenen Woche nur knapp die Hälfte der Menschen tatsächlich um politisches Asyl in Italien angesucht hat, während die anderen noch keinen Asylantrag gestellt haben.

Zur Frage der Schlepperei ist von Ihnen hier sehr viel gesagt worden. Im Prinzip kann ich das nur bestätigen und unterstreichen. 1996 haben wir zirka 1 300 Schlepper festgenommen; im Jahre 1997 werden es fast 1 800 sein. Ich bin sehr glücklich darüber, daß uns das gelungen ist. Ich bin auch froh darüber, daß wir im vergangenen Jahr die Strafen deutlich erhöht haben – für einmalige gewerbsmäßige Schlepperei bis zu einem Jahr, für oftmalige bis zu fünf Jahren –, ich bin nur nicht glücklich darüber, daß dieses hohe Strafausmaß von der Justiz noch nicht im entsprechenden Ausmaß umgesetzt wird.

Wenn ich nur daran denke – das soll aber keine Kritik an der Justiz sein, um das auch ganz klar zu sagen – , daß es beispielsweise bei dem Linzer Schlepperring, den wir ausgehoben haben, bereits die ersten Verurteilungen gibt und diejenigen, die geschleppt haben, bestenfalls einige Monate bedingt bekommen haben, dann ist das ohne Zweifel nicht dazu geeignet, daß die Strafe als Abschreckung greifen wird. Darum glaube ich, daß es notwendig und wichtig ist, in diesem Bereich stärkere Strafen auszusprechen, weil das eine abschreckende Wirkung hat und auch für die Motivation unserer Gendarmerie- und Polizeibeamten nicht unwichtig ist, wenn sie wissen, daß diejenigen, die – zum Teil unter Einsatz des Lebens – festgenommen werden – ich denke etwa an den Vorfall in Kärnten –, dann auch die entsprechende Bestrafung bekommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn von der organisierten Kriminalität geredet wird, so ist dazu zu sagen, daß Schlepperei zum profitabelsten Geschäft innerhalb der internationalen Kriminalität geworden ist. Es gibt kein Geschäft, bei dem man ohne oder fast ohne Risiko so viel Geld verdienen kann wie mit der Menschenschlepperei. Deshalb halte ich auch die Initiative von Vizekanzler und Außenminister Schüssel für sehr wichtig und notwendig, daß wir international, daß wir über die UNO erreichen, daß die Schlepperei vor allem auch in den Herkunftsländern


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