Bundesrat Stenographisches Protokoll 635. Sitzung / Seite 80

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es, daß sich der Aktionsplan der Innen- und Justizminister aus dem vergangenen Jahr in dieser Hinsicht verschweigt, obwohl es sich dabei um eine sehr wichtige Angelegenheit handelt.

Ein weiterer Punkt, der nur ganz nebenbei gestreift wird, ist die Zusammenarbeit mit den Drittstaaten. Der überwiegende Teil der organisierten Kriminalität hat nämlich genau dort seinen Ausgangspunkt. Nur durch Verurteilung und Inhaftierung von Mitgliedern der Ausführungsebene kann aber diesen Organisationen kein entscheidender Schaden zugefügt werden, solange die Hintermänner, auf die es ankommt, weiterarbeiten können. Es muß daher vor allem das Ziel sein, die Hintermänner und deren Beschützer, Berater und Förderer im behördlichen Bereich sowie in Politik und Wirtschaft strafrechtlich zu erfassen. Eine wirksame Bekämpfung der organisierten Kriminalität kann deshalb nur dann auf Dauer erfolgreich sein, wenn man diese Entwicklung bei den Ursachen und Infrastrukturen ansetzt.

Das heißt auch, daß man sich bei den Ermittlungen und bei der Bestrafung stärker auf den empfindlichsten Punkt der kriminellen Organisationen, nämlich ihr Vermögen, konzentrieren muß. Das ist freilich nicht einfach, vor allem deshalb nicht, weil in immer größerem Umfang die verbrecherisch erlangten Gewinne in den legalen Wirtschaftskreislauf reinvestiert werden. Dadurch kommt es einerseits zu einer zunehmenden Unterwanderung der legalen Wirtschaft und andererseits zu steigendem Einfluß auf staatliche Stellen und – daraus resultierend – zu einer gewissen wechselseitigen Toleranz.

Wir begrüßen daher vor allem den Vorstoß, unionsweit Straftatbestände zur Bekämpfung der aktiven und passiven Bestechung auch im Bereich von privaten Handelstätigkeiten zu schaffen. Es ist weiters interessant, daß sogar das Europäische Parlament selbst schon mehrfach festgestellt hat, daß die Internationalisierung der organisierten Kriminalität eine wesentliche Ursache selbstverständlich auch in den Erleichterungen bei den Reise- und Transportbedingungen und in der Grenzöffnung durch den Binnenmarkt hat. Das Europäische Parlament hat schon wiederholt – zuletzt im November im Bericht Cederschiöld über den Aktionsplan zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität – festgestellt, daß dies ein großes Problem ist. Ich denke, daß man sich dies hätte überlegen sollen, bevor man gar so euphorisch in Sachen Schengen tätig geworden ist, ohne die Konsequenzen zu bedenken.

Einen Punkt möchte ich noch ansprechen, den Sie, Herr Innenminister, auch im Nationalrat schon behandelt haben, nämlich die Immunität der Europol-Beamten. Sie haben diese Immunität dort verteidigt, ohne einen echten Grund dafür angeben zu können. Sie haben aber gleichzeitig Ihrer Meinung Ausdruck verliehen, daß man über die Sinnhaftigkeit der Immunität für alle Beamten der Union diskutieren und sich darüber Gedanken machen solle, ob diese eigentlich gerechtfertigt ist. Ich stimme Ihnen da zu, das ist völlig richtig. Diese Immunität ist nicht gerechtfertigt, auch in anderen Bereichen nicht. Es ist mir allerdings nicht ganz klar, wie Sie diese Unsinnigkeit beseitigen wollen, indem Sie eine weitere hinzufügen.

Es gibt im Zusammenhang mit dieser Vorlage unserer Ansicht nach eine ganze Reihe ungeklärter Fragen. Deshalb wird ihr die freiheitliche Fraktion nicht die Zustimmung erteilen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.15

Präsident Ludwig Bieringer: Die nächste Wortmeldung stammt von Herrn Bundesrat Gottfried Jaud. – Bitte.

14.15

Bundesrat Gottfried Jaud (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hoher Bundesrat! Innerhalb Europas gibt es bereits jetzt viele Möglichkeiten zur internationalen Zusammenarbeit bei der Kriminalitätsbekämpfung. Interpol sowie bilaterale und multilaterale Abkommen bieten die Möglichkeit der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Wie aber die Zunahme der organisierten Kriminalität – vor allem der grenzüberschreitenden – in den vergangenen Jahren gezeigt hat, sind die bestehenden Einrichtungen zuwenig geeignet, diese Kriminalität wirkungsvoll zu bekämpfen.


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