Bundesrat Stenographisches Protokoll 635. Sitzung / Seite 79

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der Europäischen Gemeinschaften im Wege der Vorabentscheidung samt Erklärung und Erklärung der Republik Österreich.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Dr. Michael Ludwig übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Dr. Michael Ludwig: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Rechtsausschusses, der schriftlich vorliegt. Ich nehme deshalb davon Abstand, diesen zu verlesen.

Der Rechtsausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 13. Jänner 1998 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Ludwig Bieringer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Dr. Susanne Riess-Passer. Ich erteile es ihr.

14.08

Bundesrätin Dr. Susanne Riess-Passer (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es ist eine Tatsache, die genauso bedauerlich wie beängstigend ist, daß die organisierte Kriminalität immer mehr zu einer Bedrohung für den Rechtsstaat und die Gesellschaft wird – nicht nur in Österreich, sondern in Europa insgesamt. Wir haben heute schon im Zusammenhang mit dem Sicherheitsbericht die auch in Österreich dramatisch steigende Tendenz in dieser Richtung angesprochen. Daß das so ist, ist für niemanden ein Geheimnis, und gerade deshalb halte ich es für sehr bedauerlich, daß das gemeinsame Europa in einer wesentlichen Frage wie jener des unmittelbaren Schutzes der Bürger bei weitem nicht in ausreichendem Maße handlungsfähig und handlungswillig ist.

Bereits im Juni 1991 wurde beim europäischen Gipfeltreffen in Luxemburg die TREVI III-Gruppe um die Ausarbeitung eines Vorschlags zur Errichtung von Europol ersucht. Fast sieben Jahre sind also seither vergangen, und wir sind immer noch recht weit von einer tatsächlich effizienten Lösung entfernt. Diese könnte nur darin bestehen, Europol möglichst bald auch zu einer operativen Einheit auszubauen.

Die Zeit ist aber inzwischen von der organisierten Kriminalität dafür genutzt worden, ihr grenzüberschreitendes Netzwerk weiter auszubauen und zu perfektionieren. Die nationalen Polizeibehörden sind sowohl technisch als auch personell zu schwach ausgestattet, um dazu ein ausreichendes Gegengewicht bilden zu können. International agierende kriminelle Organisationen haben einen Umfang angenommen, dem man im nationalen Alleingang nicht mehr begegnen kann.

Das Problem bei der Förderung der polizeilichen Zusammenarbeit besteht darin, daß zwar alle Mitgliedstaaten positive Erklärungen über deren grundsätzliche Notwendigkeit abgeben, viele von ihnen jedoch wenig Bereitschaft zeigen, wenn es um die konkrete Umsetzung geht. Das, worauf man sich bis jetzt geeinigt hat, ist auf der einen Seite unzureichend und auf der anderen Seite in rechtsstaatlicher Hinsicht mangelhaft. Ein wesentlicher Punkt dabei ist selbstverständlich die fehlende Zuständigkeit des EuGH, vor allem dann, wenn es um den individuellen Rechtsschutz bei Streitigkeiten zwischen einem Bürger und Europol geht.

Ein weiterer Punkt ist die mangelhafte Beteiligung des Europäischen Parlaments, und zwar sowohl bei der Entstehung des Übereinkommens als auch bei der Einbindung des Europäischen Parlaments in die Weiterentwicklung. Nach Artikel 34 Europol-Übereinkommen besteht lediglich die Pflicht, jährlich einen Bericht zu verfassen und das Europäische Parlament bei Änderungen des Übereinkommens anzuhören. Eine bloße Information kann aber sicherlich nicht als ausreichende parlamentarische Kontrolle akzeptiert werden.

Neue Wege und Methoden im Kampf gegen die organisierte Kriminalität führen naturgemäß auch zu einem gewissen Spannungsverhältnis zwischen den bestehenden Grund- und Freiheitsrechten auf der einen und dem Schutzbedürfnis der Bürger auf der anderen Seite. Ich bedauere


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