Bundesrat Stenographisches Protokoll 635. Sitzung / Seite 85

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Wir Freiheitlichen, Herr Kollege, haben immer darauf hingewiesen, daß die Grund- und Freiheitsrechte nicht verletzt werden dürfen – auch bei diesem Punkt nicht. Und nach Artikel 10 der Konvention ist es einfach so, daß nicht nur Daten von Personen erfaßt werden können, die selbst kriminelle Handlungen begangen haben, sondern auch Daten von Personen, die als Zeugen in Betracht kommen, die als Opfer in Betracht kommen. Jeder Österreicher, meine Damen und Herren, kann Opfer, kann Kontaktperson, kann Zeuge werden! Es wundert mich, daß niemanden von den Regierungsparteien diese Problematik stört und daß niemand von den Regierungsparteien diese Problematik hier anspricht.

Europol ist nämlich – das wird der Herr Bundesminister bestimmt bestätigen – nicht verpflichtet, Informationen an die betroffenen Bürger weiterzugeben, denn in Artikel 19 heißt es – ich zitiere –: Ist eine Mitteilung über die Daten im Recht des befaßten Mitgliedstaates vorgesehen, so wird diese verweigert, und zwar immer dann verweigert, soweit es für die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben von Europol erforderlich ist. – Das heißt, es kann immer verweigert werden, und es kommt dann einfach nicht dazu, daß diese Informationen an die Bürger, deren Daten erfaßt sind, die aber nicht Täter sind, sondern Opfer und Zeugen und so weiter, weitergegeben werden, daß sie ein Informationsrecht haben. Ich meine, daß das bedenklich ist.

Etwas wurde leider im Nationalrat noch nicht behandelt – das kommt bestimmt noch –, und das ist die Frage der Immunität der Europol-Mitarbeiter. Ich verstehe nicht, daß es da nicht viel mehr massive Bedenken gibt. Es ist nämlich vorgesehen, daß die Mitarbeiter jeder Gerichtsbarkeit entzogen sind – oder sind wir da falsch informiert? – Das sind Statuten etwa wie für Diplomaten, nur können Diplomaten wahrscheinlich etwas weniger aufklären, aber auch weniger anrichten als diese internationale Polizeitruppe. Aufheben kann die Immunität nur der Direktor der Europol, und zwar dann, wenn es der Gerechtigkeit dient. Ob und wann und ob es überhaupt der Gerechtigkeit dient, entscheidet der Direktor der Europol selbst. Niemand wird unabhängig darüber urteilen, ob die Entscheidung richtig oder falsch gewesen ist.

Die Rechtsschutzeinrichtungen, die von Kollegen Repar angesprochen worden sind, sind unserer Meinung nach bei weitem nicht ausreichend. Die Vorlage ist und bleibt einfach demokratiepolitisch bedenklich, und wir können deshalb die Zustimmung nicht geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.36

Präsident Ludwig Bieringer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Milan Linzer. Ich erteile ihm dieses.

14.36

Bundesrat Dr. Milan Linzer (ÖVP, Burgenland): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Das Problem, das Phänomen der organisierten Kriminalität in all ihren Facetten, in all ihren Formen begleitet uns heute schon seit dem Vormittag – auch der Tagesordnungspunkt 1, die Debatte über den Sicherheitsbericht, war weitgehend von der organisierten Kriminalität begleitet. Es ist in der Tat zu befürchten – ich glaube, der Herr Minister hat es auch angedeutet –, daß wir kurzfristig eher mit einer weiteren Zunahme zu rechnen haben werden.

Die Europäische Union signalisiert uns, daß leider Gottes europaweit mittlerweile auch einige neue Formen der OK festgestellt worden sind. Die Personen, die dahinter stehen, sind offenbar durch nichts aufzuhalten, neue Dinge zu erfinden und immer wieder auf neue kriminelle Tätigkeitsfelder auszuweichen.

Das gegenständliche Übereinkommen Europol bewegt die Europäische Union seit dem Jahre 1993, und es ist leider festzustellen, daß die Bedeutung Europols infolge der zunehmenden Kriminalität der OK immer größer wird. Wir müssen bedauerlicherweise feststellen, daß die OK mittlerweile sogar das politische, wirtschaftliche und soziale Leben unserer Bevölkerung derart beeinträchtigt und gefährdet, daß das Funktionieren diverser demokratischer Institutionen ernsthaft behindert ist.


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