Bundesrat Stenographisches Protokoll 635. Sitzung / Seite 140

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Kurzes Beispiel: Ein Hotel, das 30 Millionen Schilling Bankkredite hat und derzeit 6 Prozent Zinsen bezahlt, hat einen Zinsaufwand von 1,8 Millionen Schilling per anno. Steigen die Zinsen auf 9 Prozent, dann wird der Zinsaufwand auf 2,7 Millionen steigen.

Das heißt, der Cash-flow, also die Mittel, die zur Entschuldung zur Verfügung stehen, wird um 900 000 S geringer sein. Die Auswirkungen auf die theoretische Entschuldungsdauer kann sich dann jeder ausmalen. Sie wird von 22 auf 28, 30 Jahre und so weiter steigen.

Die Praxis wird jedoch anders ausschauen. Die Betriebe werden nicht mehr in der Lage sein, Kredite zu tilgen, sie werden auch den Zinszahlungen nicht mehr nachkommen können. Das ist das Problem. Dieses besteht aber nicht nur für die Tourismusbetriebe, sondern, wie ich schon eingangs gesagt habe, für alle Gläubiger dieser Tourismusbetriebe, vor allem für die Lieferanten, aber auch für die Banken. Ich nenne die Lieferanten deshalb zuerst, weil die Banken meist hypothekarisch abgesichert sind, die Lieferanten aber in der Luft hängen. Eine Insolvenz im Tourismusbereich bedeutet in erster Linie eine Katastrophe für die umliegenden Zulieferbetriebe.

Das fünfte Problem im Tourismus sehe ich verstärkt im regionalen Bereich. Da muß ich jetzt leider auch von Tirol sprechen. Ich will Sie nicht damit langweilen, aber es gibt eben Hemmnisse beim Ausbau der Infrastruktur. Unsere Landesregierung hat Nachdenkpausen dekretiert. So sollte zum Beispiel im Seilbahnwesen fünf Jahre keine neue Investition erfolgen, weil man nachdenken müsse, wie es weitergehen solle.

Meine Damen und Herren! Stellen Sie sich das in bezug auf andere Betriebe in Gewerbe und Industrie vor! Wenn sich ein Industriebetrieb selbst eine Nachdenkpause, einen Investitionsstopp für fünf Jahre auferlegen würde, dann wäre dieser Betrieb in fünf Jahren weg vom Fenster.

Es gibt ein restriktives Golfkonzept, obwohl der Golfsport derzeit einen Boom erlebt. Ich selbst habe nur einen Golfschläger in der Hand gehabt, als ich auf dem Minigolfplatz war. Ich selbst bin kein Golfspieler, aber ich befürworte die Förderung dieser Sportart. Ein solches Golfplatzkonzept, das wir in Tirol haben, präjudiziert auch zukünftige Verfahren. Wenn fünf Projekte befürwortet und zehn eingereicht werden, dann sind die entscheidenden Beamten schon in ihrer künftigen Entscheidung präjudiziert.

Der Golfsport ist nicht nur eine Chance für den Tourismus, sondern auch für die Bauern. Ich bringe Ihnen dazu ein Beispiel: Ein Bauer kann heute aus einem Quadratmeter Grund, wenn er Getreide oder Kartoffeln anbaut, zirka 1 S Ertrag erwirtschaften. Wenn er bei einem Golfplatz 50 Groschen Pacht pro Monat für den Quadratmeter bekommt, so sind das 6 S im Jahr. Das ist eine Versechsfachung des Ertrages! Man muß die Landwirtschaftspolitiker einmal fragen: Was heißt denn "Landwirtschaft"? – Das heißt: "das Land bewirtschaften", und ich bin nicht der Meinung, daß diese Bewirtschaftung immer nur die Produktion von Nahrungsmitteln bedeuten muß, das kann auch einmal eine andere Nutzung sein. (Bundesrat Ing. Penz: Das haben wir immer gesagt!)  – Danke. Wenn Sie das unterstützen (Bundesrat Ing. Penz: Natürlich!), dann sind wir Partner bei dieser Forderung.

Wir hatten in Tirol eine Tourismusmilliarde, die ein Schlag ins Wasser war, eine Sanierungsmilliarde, die nicht gegriffen hat. Vor allem wurde es versäumt, die neuen Trendsportarten entsprechend zu berücksichtigen. Wie lange hat es gedauert, bis das Mountainbiking in Tirol in bezug auf die Forstwege auf eine rechtliche Grundlage gestellt wurde? – Viel zu lange! In der Zwischenzeit sind die Bayern und andere Bundesdeutsche mit ihren Moutainbikes auf den Autodächern durch Nordtirol gefahren und haben sich in Südtirol ihre Moutainbikestrecken gesucht. Aber auch das Moutaintrekking, also mit Pferd und Zelt einige Tage im Hochgebirge zu verbringen, kennen wir nicht. Oder: Das Rafting wurde viel zu spät aufgegriffen und auch vermarktet.

Das sechste Problem sehe ich in der Werbebürokratie. Es gibt eine Österreich Werbung und Landeswerbegesellschaften. Im Jahre 1996 hat das Budget der Österreich Werbung rund 603 Millionen Schilling betragen. Davon sind 299 Millionen Schilling in den Marketingbereich geflossen, und 303 Millionen Schilling sind im Managementbereich – ich würde sagen, in der Verwaltung – hängengeblieben. Das können Sie auf Seite 57 des Berichtes nachlesen. Die Tirol


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