Bundesrat Stenographisches Protokoll 635. Sitzung / Seite 144

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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister. – Bitte.

19.21

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Frau Vizepräsident! Hoher Bundesrat! Ich habe gesagt, wenn ich jetzt weggehe, ohne etwas zu sagen, werde ich mit Sodbrennen schlafen. Daher lassen Sie mich einige Dinge sagen.

Von der FPÖ würde ich mir wünschen, sich zu entscheiden, ob sie einen Bericht mit Umsatzziffern oder mit Nächtigungsziffern möchte. Wenn Frau Ramsbacher im ersten Satz sagt, sie lehnt meinen Bericht ab, weil wir zu oft von Nächtigungen reden, und dann Kollege Königshofer genau das Gegenteil sagt, nämlich daß zuwenig von Nächtigungen die Rede ist, bitte ich, mir zu sagen, welchen Bericht Sie wollen.

Damit bin ich beim ersten Punkt: Wie soll der Bericht künftig ausschauen? – Wir haben auch beim Mittelstandsbericht, so wie bei diesem, mit den Abgeordneten im Nationalrat vereinbart, daß wir die Berichte kürzer, problemorientierter und weniger Zahlenfriedhof-orientiert machen. Dazu, daß es so lange gedauert hat, bis er hier behandelt wird, kann ich nur sagen: Von uns aus war er im August fertig, dafür brauche ich mich also nicht zu entschuldigen.

Aber wichtig ist: Bleiben wir auch im Bundesrat dabei, daß wir kürzere Berichte wollen. Wir haben jetzt mit dem Nationalrat, mit allen Klubs vereinbart, daß wir uns bei derartigen Berichten jeweils vor Ausarbeitung mit den Klubs zusammensetzen und fragen, welche Themen sie am allermeisten interessieren. Dann nehmen wir eine Themenselektion vor, damit wir endlich aktueller über Dinge reden können als ex post, wenn das dann vielleicht schon längst wieder vorbei ist. – Soweit meine erste Bemerkung.

Meine zweite Bemerkung: Tourismuspolitik in Österreich heißt Abschied von vielen Illusionen. Hat sich irgend jemand von Ihnen schon einmal die Mühe gemacht, eine Kurve zu zeichnen, die deutlich macht, wie die Verschuldensquote im Tourismus parallel zu den Nächtigungen gelaufen ist? – Ich verwende noch die Nächtigungszahlen, weil es in diesem Zusammenhang keine aktuelleren Zahlen gibt. Selbst als es Rekorde gab, als es 20 Prozent Zusatzsteigerung bei den Nächtigungen gab, ist die Verschuldensrate dramatisch gestiegen. Wenn ein Sektor wie der Tourismus im Prinzip immer mit weniger als 1 Prozent oder maximal 2 Prozent Eigenkapital anfängt und dann nicht einmal bei Hochkonjunktur profitiert hat, wie soll sich dieser dann in solch einer Rezession erholen?

Daher ist mein Hauptanliegen – das habe ich hier wiederholt gesagt – eine Restrukturierungspolitik im Tourismus. Ich frage mich, mit welcher Gottseligkeit in diesem Sektor Unternehmer tätig sind. Wir machen bereits das zweite Jahr diese Restrukturierungsaktion "Ewige Hypothek" in der ÖHT – und 30 sind durchgeführt worden! Ich kann nicht mehr tun, als hinauszugehen, zu predigen und zu sagen: Bitte werdet munter, Unternehmer, Unternehmerinnen, und geht euch umstrukturieren bei eurer Hausbank! – Daß die Hausbank sie nicht dazu einlädt, verstehe ich. Sie wäre deppert, wenn sie den Unternehmern statt 11 Prozent Zinsen dann vielleicht eine "ewige" Hypothek mit 2 bis 4,5 Prozent Verzinsung anbieten würde.

Ich habe die Wirtschaftstreuhänder bei mir gehabt und ihnen gesagt: Ihr müßt euch jetzt noch anstrengen, denn diese Niedrigzinsphase ist ein einmaliges Geschenk, um die überhöht finanzierten Fremdenverkehrsbetriebe auf eine vernünftige neue Finanzierungsbasis zu stellen. Mehr als dazu einladen kann man nicht. Da bleibe ich bei einem alten Beispiel: Wenn der Trog voll ist, und es wird trotzdem nicht daraus gesoffen, kann man nichts machen.

Da kann man nicht einmal die Drohung mit steigenden Zinsen, die ein frommer Euro-Wunsch so mancher ist, in den Raum stellen. Wahr ist, daß mit dem Euro wahrscheinlich die Realzinsen in Europa niedrig bleiben werden und daher die Perspektive der Umschuldungspolitik noch für einige Zeit gegeben sein wird. Nur müßte sie endlich genutzt werden.


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