Bundesrat Stenographisches Protokoll 637. Sitzung / Seite 18

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Den Vereinigten Staaten ist es nicht einmal mit sechs Meter hohen Stacheldrahtzäunen gelungen, die illegale Einwanderung von Mexikanern in die Vereinigten Staaten zu verhindern. Diese Einwanderung konnte in diesem Ausmaß erst durch die sehr massive Hilfe der Vereinigten Staaten, die ein Wirtschaftswachstum und damit auch eine Erhöhung der Lebensqualität der Menschen im Nordteil Mexikos bewirkt hat, eingedämmt werden. Ich glaube, daß niemand vorsätzlich seine Heimat verläßt. Die Heimat wird vielmehr unter dem Aspekt, daß die persönliche Sicherheit nicht mehr gewährleistet ist, verlassen. Ein weiteres Motiv ist die Ansicht, daß eine Perspektive auf eine individuelle wirtschaftliche Chance, die natürlich jeder gerne wahrnehmen möchte, nicht erkennbar ist.

Ich meine daher, daß die EU-Osterweiterung ein Thema ist, das uns sicherlich geraume Zeit beschäftigen wird. Ich gehe auch davon aus, daß wir nicht nur im Interesse Österreichs oder der westlichen Länder lange Übergangszeiten im Bereich der Dienstleistungen und des Arbeitsmarktes brauchen, sondern auch im Interesse der osteuropäischen Länder. Wer würde denn bei einem freien Personenverkehr zunächst einmal das Land verlassen? – Möglicherweise jene Menschen, die in die Schwarzarbeit gehen, das wären also wenig qualifizierte Leute. Sehr viel gefährlicher für die Volkswirtschaft in Osteuropa wäre es allerdings, wenn hochqualifizierte Führungsleute nach Westeuropa gingen. Es gibt nicht so viele davon in Osteuropa, und sie haben für den Aufbau ihrer nationalen Volkswirtschaften eine besondere Bedeutung. Lange Übergangszeiten im Bereich des Personenverkehrs liegen also im wechselseitigen Interesse.

Wir werden selbstverständlich in der Debatte über die EU-Osterweiterung diesen Aspekt aus unserer Sicht nachhaltig vertreten. Es hat auch bei der Süderweiterung speziell im Personenverkehr eine Übergangszeit von nahezu zehn Jahren zwischen Spanien und Frankreich gegeben. Dies war notwendig, um Schwierigkeiten, die bei der Öffnung des Marktes von einem Tag auf den anderen entstanden wären, zu verhindern.

Darüber hinaus glaube ich, daß es auch möglich ist, kreativ und schlau darüber nachzudenken, wie wir im Rahmen bestehender und adaptierter Programme der Europäischen Union Möglichkeiten finden können, die auch im Sinne der angrenzenden Regionen sind. Ich meine, daß die EU-Osterweiterung aus der politischen Perspektive positiv zu beurteilen ist. Man muß sie als große Friedensinitiative, als Beitrag der gesamtösterreichischen Integration und als Kampf gegen die Grenze des Wohlstandsgefälles, von der ich glaube, daß wir aufgrund unserer spezifischen Geographie am stärksten betroffen sind, sehen.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen zur 3. Anfrage, die von Herrn Bundesrat Mag. Scherb gestellt wird. Ich bitte ihn um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Mag. Walter Scherb (Freiheitliche, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

882/M-BR/98

Aufgrund welcher Erkenntnisse kommen Sie zu der Ansicht, daß das österreichische Bankgeheimnis derzeit den Erfordernissen des Finanzplatzes Österreich entspricht, obwohl ein Großteil der heimischen Bankgeneraldirektoren eine "Verschärfung des lückenhaften Bankgeheimnisses" (Trend 12/97) fordert?

Insbesondere möchte ich hervorheben, daß das derzeitige Bankgeheimnis seine Wirkung bereits im Stadium einer Vorerhebung beziehungsweise teilweise bei Verdacht auf Abgabenverkürzung verliert.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Ich habe diesen "Trend"-Artikel auch gelesen. Es ist schon interessant, festzustellen, daß diese Diskussion von bestimmter Seite so geführt wird, als ob die Anonymität der Sparbücher in Österreich bereits aufgehoben wäre. Es ist doch so, daß das österreichische Bankgeheimnis im internationalen Vergleich durchaus herzeigbar


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