Bundesrat Stenographisches Protokoll 637. Sitzung / Seite 20

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Eine weitere Zusatzfrage wünscht Frau Bundesrätin Crepaz. – Bitte.

Bundesrätin Irene Crepaz (SPÖ, Tirol): Herr Bundesminister! Ich möchte jetzt doch einmal nachfragen, ob es einen vernünftigen Grund dafür gibt, daß die österreichische Bankenwirtschaft jetzt eine Veränderung des Bankgeheimnisses wünscht, obwohl sie doch vor der Anonymitätsdiskussion das österreichische Bankgeheimnis als eines der besten der Welt gepriesen hat.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Ich habe bereits versucht, darauf hinzuweisen, daß gerade die Bankenvertreter das österreichische Bankengeheimnis immer als ein besonderes qualifiziert haben. Möglicherweise – das kann ja durchaus sein – sind diese Meinungsäußerungen in Kombination mit der Anonymität zu sehen gewesen. Daher glaube ich, daß wir zumindest so lange, so lange wir keinen Handlungsbedarf im Hinblick auf die Anonymität haben, auch keinen Grund haben, das Bankgeheimnis zu verändern.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen zur 4. Anfrage, gestellt von Herrn Bundesrat Prähauser. Ich bitte ihn um die Verlesung seiner Anfrage.

Bundesrat Stefan Prähauser (SPÖ, Salzburg): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

869/M-BR/98

Welche Fortschritte gibt es auf europäischer Ebene in der Frage der Steuerharmonisierung?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Die Frage der Steuerharmonisierung in der Europäischen Union ist ein sehr wichtiges Thema. Ich glaube, daß wir in der Europäischen Union vor allem auch im Hinblick auf die Positionierung des Europäischen Wirtschaftsraumes, wettbewerbsfähig auch im Hinblick auf andere Wirtschaftsräume zu sein, alles daransetzen müssen, um Irritationen, die die Kraft dieses Wirtschaftsraumes bremsen, zu verändern. Ich halte daher die Gründung der WWU mit 1.1.1999 und die Tatsache, daß wahrscheinlich elf Staaten der Europäischen Union der Euro-Gruppe angehören werden, für einen nicht unwesentlichen Aspekt, diese inneren Irritationen auszuschalten. Ich meine damit, daß Wechselkursschwankungen, wie sie uns in der Vergangenheit mitunter erhebliche Probleme gemacht haben, dann der Vergangenheit angehören werden.

Ich erinnere daran, daß etwa alleine die Währungsturbulenzen mit Italien im Jahre 1995 die österreichische Volkswirtschaft rund 1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes – das klingt nur so wenig – gekostet haben, also einen Betrag in der Höhe von 25 Milliarden. Ich wäre sehr glücklich, wenn ich diesen Betrag hätte. Ich nehme an, auch alle Bundesräte wären glücklich, wenn der Finanzminister über diesen Betrag verfügen würde, weil wir dann über dessen Verteilung diskutieren könnten. Ich habe diesen Betrag nur leider nicht.

Der zweite sehr wesentliche Aspekt liegt im irritativen Steuersystem, also im Steuerwettbewerb nach unten, um bestimmte Vorteile zwischen den einzelnen europäischen Volkswirtschaften zu bekommen, was letztendlich dazu geführt hat, daß von der Tendenz her in den letzten zehn Jahren die Steuerbelastung des Produktionsfaktors Arbeit, bei dem wir, wie wir wissen, massive Wettbewerbsprobleme bekommen werden, zugenommen hat, und zwar um rund 7 Prozent, während der sehr mobile Produktionsfaktor Kapital um 10 Prozent abgenommen hat.

Wenn man die Herausforderungen und die Chancen annehmen möchte und wenn man sich auch der Philosophie zugehörig fühlt, daß erfolgreiches Wirtschaften nicht nur in der Maximierung von Gewinnen liegt, sondern daß man dabei auch nicht vergessen darf, daß Menschen Arbeit finden müssen, wenn wir auch eine sozial gerechte Verteilung und den Lebensstandard in Europa aufrechterhalten wollen, dann, muß ich sagen, ist das kontraproduktiv.


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