Bundesrat Stenographisches Protokoll 639. Sitzung / Seite 37

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Das Gleichgewicht der Haushalte und die Hilfe der Länder, um dieses Ziel zu erreichen, wurden in den Verhandlungen 1995 zur Finanzierung der EU-Mitgliedsbeiträge in einer Größenordnung von insgesamt etwa 30 Milliarden Schilling für alle Gebietskörperschaften ohne Landwirtschaftsförderung, bei der Übernahme von Kostenrisiken vor allem durch Länder und Gemeinden, bei der Neuordnung der Spitalsfinanzierung, die insgesamt ein Volumen von mehreren zig Milliarden Schilling umfaßt – die Kostenrisiken für Wachstum bei den Ausgaben sind in Prozentpunkten dieses Gesamtvolumens einzuschätzen –, bei mehreren Finanzausgleichsabschlüssen und schließlich fast genau vor zwei Jahren beim Schnüren des Sparpaketes vereinbart.

Meine Damen und Herren! Teil der Strategie dieser Stabilisierung war in einem frühen Stadium der Gespräche der Finanzausgleichspartner noch mit Finanzminister Lacina die Regel, die heute in einer juristischen Fassung im Bundesparlament abschließend behandelt werden soll: Wer anschafft, zahlt, oder anders herum betrachtet: Die gemeinsame Anstrengung der notwendigen Stabilisierung der öffentlichen Haushalte, vor allem des Bundes, soll nicht durch Überwälzen von Lasten auf die anderen Partner gestört werden.

Gemeinsame, vorwiegend ausgabenseitige Anstrengungen aller Gebietskörperschaften sollen das Gleichgewicht wieder herstellen. Es wurde also eine faire Partnerschaft vereinbart: Jeder spart in seinem Bereich und nicht auf Kosten der anderen.

Die Länder haben sich auf die Einhaltung dieser Zusagen verlassen und – ich sage das nicht zum ersten Mal – nur unter diesen Voraussetzungen die wesentlichen Verschiebungen von Finanzkraft zu ihren Lasten akzeptiert.

Vor diesem Hintergrund ist es ungewöhnlich, daß Bundeskanzler, Finanzminister und Klubobmänner der Regierungsparteien im Herbst 1996 die Erstfassung dieser Vereinbarung unterzeichneten und erst heute die abschließende parlamentarische Zustimmung auf Bundesebene in geänderter Form erfolgen soll. Mit Freude vermerke ich trotzdem, daß es nun doch zur Zustimmung und Umsetzung kommen soll.

Unerfreulich ist, daß die Bundesstaatsreform auch in der mehrfach abgeschlankten Form trotz schriftlicher Festlegungen hoher und höchster Amtsträger des Bundes immer noch nicht umgesetzt ist und es seit neuestem wieder Gesten gibt, durch Gegenforderungen diesen Prozeß zu verzögern oder allenfalls abzubrechen.

Meine Damen und Herren! Das ist auch der tiefere Grund einer Verfassungsklage des Landes Vorarlberg gegen Teile des geltenden Finanzausgleichsgesetzes. Wir fordern Pakttreue ein, das Einhalten von schriftlich Vereinbartem, und wir akzeptieren nicht, daß die gemeinsame Verantwortung aller Gebietskörperschaften zur Stabilisierung der öffentlichen Haushalte in Anspruch genommen wurde, wir uns auch zur Verfügung stellten, aber daraus erwachsende vereinbarte Verpflichtungen nicht oder nur zögerlich eingehalten werden.

Es gab bisher schon im Bundesrecht Bestimmungen, die Bund, Länder und Gemeinden verpflichteten, das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht anzustreben und eine faire Partnerschaft zu üben. Ich weise auf Artikel 13 des Bundes-Verfassungsgesetzes, § 4 des Finanz-Verfassungsgesetzes, § 5 des Finanzausgleichsgesetzes und § 14 des Bundeshaushaltsgesetzes hin.

Die praktischen Erfahrungen mit diesen Instrumenten sind allerdings nicht gut. Sie waren nicht ausreichend wirksam. Die entscheidende Schwäche liegt im Fehlen von Sanktionen, die Wirkung hängt nur vom guten Willen ab. Der Nationalrat hat sich häufig darüber hinweggesetzt und auch durchwegs die Augen vor den Folgekosten seiner Gesetze geschlossen. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Das Versagen dieser rechtlichen Mechanismen war auch ein Grund, warum der Bundeshaushalt vor nunmehr zwei oder drei Jahren in eine gefährliche "Schieflage" geriet, die insgesamt die wirtschaftlichen Chancen Österreichs gefährdete.

Der Nationalrat hat also nicht nur die Augen vor den Folgekosten seiner Gesetze verschlossen, sondern war in der Ausgabenpraxis über die wirtschaftlichen Verhältnisse hinaus großzügig. Von Einzelfällen abgesehen fand sich auch im Bundesrat weder ein entsprechend ausgestalte


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