Bundesrat Stenographisches Protokoll 639. Sitzung / Seite 38

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tes Instrument noch seit über zehn Jahren eine Mehrheit, um dieser Entwicklung entgegenzutreten.

Die Länder haben in ihren Jahrzehnte zurückreichenden Forderungsprogrammen, zuletzt 1985, immer wieder ergebnislos beklagt, daß die derzeitigen Mechanismen keine Gewähr dafür bieten, die Interessen der Länder entsprechend zu berücksichtigen. Es wurden daher im jeweiligen Finanzausgleichsgesetz ein Schutz vor zusätzlichen Belastungen und verbesserte Möglichkeiten für den Bundesrat gefordert, zur Wahrung der Interessen der Länder eine erhöhte Einflußnahme auszuüben, insbesondere durch eine Ausweitung des Zustimmungsrechtes. (Beifall bei der ÖVP und bei den Freiheitlichen.)  – Ich will Sie nicht hindern, mir zuzustimmen.

Meine Damen und Herren! Die Länder haben also – der Systematik der Bundesverfassung folgend – durchaus den Bundesrat und eine Stärkung seiner Mitwirkungsrechte ins Auge gefaßt. Aber als sich abzeichnete – das muß man offen ansprechen –, daß dazu auf Bundesebene offenkundig kein politischer Wille besteht und daß sich die Mehrheit des Bundesrates selbst damit offenbar auch nicht identifizieren kann und will – ich verweise nur auf das Schicksal des vor zwei Jahren eingebrachten Antrages der Vorarlberger Bundesräte –, mußten die Länder nach Alternativen suchen. Wir haben sie in diesem Mechanismus wenigstens ein Stück weit gefunden.

Es galt die Notwendigkeit der Suche nach Alternativen umso mehr und mit besonderer Dringlichkeit – das wird auch in den kommenden Monaten, Herr Bundeskanzler, noch eine sehr wesentliche Rolle spielen, wenn wir uns nicht einig werden –, als mit der sich damals abzeichnenden und inzwischen umgesetzten Teilnahme Österreichs an der Europäischen Währungsunion die Länder und Gemeinden mit der notwendigen Haushaltsdisziplin, die wir absolut begrüßen und unterstützen, bei den gegebenen Mechanismen in eine doppelte Belastung zu kommen drohten. Auf der einen Seite erwartete der Bund zu Recht eine Zuordnung allfälliger Sanktionszahlungen im Rahmen der Europäischen Währungsunion nach dem Verursacherprinzip und wollte das nicht alleine tragen, weil auch Länder und Gemeinden – und Sozialversicherungsträger, aber für unsere Frage jetzt Länder und Gemeinden – bei der Überschuldung unseres Landes im Verhältnis zur Europäischen Union eine gewisse Rolle spielen können, andererseits hätten sich die Länder und Gemeinden nicht gegen nachteilige Kostenverschiebungen durch Gesetzgebungsakte wehren können.

Meine Damen und Herren! Diese Doppelbelastungen konnten und wollten wir nicht akzeptieren. Deshalb haben wir in einem ersten wichtigen Schritt, in einer Nebenabrede zur 15a-Vereinbarung über die Reform des Gesundheitswesens und der Krankenanstaltenfinanzierung, in der wir, wie gesagt, nach vielen Jahren einer ausgeglichenen Risikotragung vor allem von den Krankenkassen die künftige Last und das künftige Risiko von Kostensteigerungen weggenommen haben, um ihnen eine Stabilisierung ihrer Finanzierung möglich zu machen, und die Krankenanstaltenträger diese Risiken übernommen haben, das heißt im wesentlichen Länder und Gemeinden, vereinbart, daß Gesetze und Verordnungen des Bundes, die für die Länder oder Gemeinden unmittelbare finanzielle Belastungen im Krankenanstaltenwesen verursachen, nur mit Zustimmung der Landesregierungen und des Städte- beziehungsweise des Gemeindebundes beschlossen werden können. Das ist eine wichtige Vereinbarung, die die Autonomie des Bundesgesetzgebers massiv begrenzt. Ohne diese Zustimmung wäre es allerdings nicht zur Neuordnung der Finanzierung der Krankenanstalten gekommen.

Dem folgte die im Rahmen des Strukturanpassungsgesetzes getroffene Vereinbarung vom Jänner 1995, wonach in der Schulgesetzgebung alle Gesetze und Verordnungen des Bundes des Einvernehmens mit allen Ländern bedürfen. Damit war – mit Zustimmung des National- und Bundesrates, die diese Vereinbarungen als Teile der parlamentarischen Materialien zur Kenntnis genommen hatten – die Bundesgesetzgebung in zwei wichtigen Bereichen wesentlich stärker an direkte Zustimmungsakte gebunden, als es durch den ersten umstrittenen Entwurf des Konsultationsmechanismus, der im parlamentarischen Bereich auf Bundesebene, in einigen Regionen auch auf Landesebene, kritisiert wurde, vorgesehen war. Ich hatte daher volles Verständnis für den Bundeskanzler, den Finanzminister und die Klubobmänner der Regierungsparteien, die im Herbst 1996 bei der Unterzeichnung der Erstfassung dieser Vereinbarung offenbar


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