Bundesrat Stenographisches Protokoll 639. Sitzung / Seite 46

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Es kann doch wohl nicht so sein, daß die Frage einer Neustrukturierung des Bundesstaates, die Frage des Stabilitätspaktes diskutiert werden muß oder kann – unter dem Gesichtspunkt einer für niemanden außer dem Betroffenen selbst einsehbaren Weise, wo es um Macht, um Positionen, um Rechte geht –, sondern es kann doch nur einen einzigen Zugang geben, und zwar den, daß dieses ganze Gefüge des Bundesstaates mit seinen unterschiedlichen Rechtsträgern dem Bürger und der Bürgerin der jeweiligen Einheit zu dienen hat und daß wir uns zuallererst zu überlegen haben, wie wir dieser Aufgabe nachkommen können.

Es ist auch nicht zu übersehen – daher finde ich auch die Bemerkung des Kollegen Tremmel in seiner Schlußapotheose im besonderen Maße unpassend –, daß wir daran festhalten müssen, daß Föderalismus kein bilaterales Verhältnis zwischen dem Bund und den Ländern, sondern ein vielfältiges Geflecht, aber zumindest ein trilaterales Verhältnis ist, das die Gemeinden miteinschließt.

Die Wortmeldungen des Klubobmanns Khol sind an sich nicht Bestandteil meines Zitatenschatzkästleins, aber in diesem Fall hat er eine Formulierung gefunden, die es in ihrer Genialität vermeidet, auf irgend jemanden in diesem Land mit dem Finger zeigen zu müssen. Ich darf daher aus der einschlägigen Debatte des Nationalrates diesen wirklich eindrucksvollen Satz zitieren. Er meint: Es sei ein altes Prinzip des deutschen Föderalismus, daß nämlich das, was die Länder dem Bund vorwerfen, sie auch selbst tun, daß nämlich der Bund den Ländern ständig in den Hosensack fährt und ihnen das Geld herausnimmt, ohne sie zu fragen. Das würfen allerdings die Gemeinden auch den Ländern vor. Er sagt dann wörtlich, und das ist einfach auch von der Sprache her sehr schön: Die Bayern zum Beispiel waren immer unglaublich föderalistisch gegenüber Bonn und haben ihre Gemeinden gleichzeitig nach den Traditionen des Grafen Mongelas geknechtet.

Es ist auch deshalb genial, weil es sozusagen in einen anderen Bereich verweist, er muß sich mit niemandem in diesem Land anlegen. Aber wahr ist es! – Die Ermächtigung ist nicht die Ermächtigung zu dem, was Kollege Tremmel kometenhaft oder apokalyptisch hier gezeichnet hat, sondern es ist eine Ermächtigung dafür, den dritten Partner des Föderalismus ernstzunehmen. Und zu dieser Ermächtigung bekennen wir uns vorbehaltlos! (Beifall bei der SPÖ.)

Es geht darum, über den Weg eines Konsultationsmechanismus, über den Weg eines Stabilitätspaktes drei Partner zu vereinen und – nachdem das ansonsten in unserer Verfassungsordnung nicht vorgesehen wäre – den Österreichischen Gemeindebund und den Österreichischen Städtebund einzubeziehen.

Ich will mich nicht in großer Ausführlichkeit mit dem Mechanismus beschäftigen. Das ist zum Teil geschehen, und das wird zum Teil geschehen. Der wesentliche Grundsatz dabei ist, daß Belastungen, die beim anderen Partner wirksam werden können, jeweils nur dann beschlossen werden können, wenn hierüber Einverständnis besteht – sei es, indem es der Partner hinnimmt, weil es eine in sich stimmige Maßnahme ist, oder sei es, daß die Kostentragung zum Wirken kommt.

Ich glaube, das ist ein faires Prinzip, und es ist ein Prinzip, mit dem wir für die nächsten Jahre einen Weg gefunden zu haben hoffen, dynamisch unsere Aufgabenerfüllung weiterzuentwickeln. Denn es geht doch darum, daß die Bürgerinnen und der Bürger – zu Recht – ein Mehr an Anforderungen an die Organe dieses Bundesstaates – und zwar in allen seinen Ausprägungen – stellen und daß wir uns daher sehr genau überlegen müssen, wo und durch wen diese Anforderungen am besten und am kostensparendsten erfüllt werden können. Ich glaube, über das rein Formale hinaus muß und wird ein Dialog über die Aufgabenerfüllung in Gang kommen müssen.

Es hat am Beginn dieser Debatte einen Hinweis beider Landeshauptleute gegeben, daß das, was so halbwegs an Einigung zustande gekommen sei, jetzt nicht durch Gegenforderungen des Bundes gefährdet werden solle. Es hat darüber einen Dialog gegeben, aber das Entscheidende ist nicht so sehr die Vertrauenswürdigkeit und die Fragen, ob das gegenseitige Vertrauen von Verhandlungspartnern eine Rolle spielt, ob wir an irgendeinem Punkt X der Verhandlungen abschneiden und sagen, das war es jetzt, sondern das Entscheidende muß sein, daß die verän


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