derte und sich verändernde Gesellschafts- und auch Verfassungswirklichkeit in eine solche Einigung – vielleicht nicht in der ersten Stufe, darüber kann man diskutieren, aber tendenziell – immer wieder eingehen muß.
Nehmen wir nur ein Beispiel: Wir erleben eine hochinteressante Diskussion in zahlreichen Bundesländern – darunter auch im Bundesland Salzburg, in dem sie ganz offensichtlich am weitesten gediehen ist –, das traditionelle Modell der österreichischen Landespolitik aufgeben zu wollen, also die Abbildung des Landtages in der Landesregierung ex Landesverfassung wegzugeben, zugunsten des klassisch parlamentarischen Prinzips des Wechselspiels zwischen Regierung und Opposition – wobei die Regierung gehalten ist, eine Mehrheit zu haben, sonst ist sie es nicht –, wobei aber die Opposition nicht in die Position gerät, mitvollziehen zu müssen, weil sie per Landesverfassungsauftrag Mitglied der Regierung ist.
Das ist eine hochinteressante Diskussion. Ich persönlich würde auch auf der Seite der Weiterentwickler vom Proporzsystem zu einem Wechselspiel zwischen Regierung und Opposition stehen, aber das hat natürlich auch Konsequenzen für den Bundesstaat. Darüber, meine Damen und Herren, haben wir – die beiden Landeshauptleute haben das diskret umschrieben – schon viele Diskussionen in diesem Haus gehabt.
Wenn wir über den Bundesrat sprechen, dann müssen wir fragen: Wer sind wir denn? Sind wir Vertreter – je Gruppe, nicht politische Gruppe, sondern delegierte Gruppe – eines Bundeslandes in dem Sinn, daß wir – das wurde angedeutet – von der Landesregierung – sicherlich nicht, nicht einmal unter den heutigen Konstruktionen – oder vom Landtag in einem Spiel von Mehrheiten auf bestimmte Positionen jemals gebunden werden könnten? – Ein moralischer Druck ist etwas, was zur politischen Auseinandersetzung gehört. Aber wir sind doch – Herr Kollege Tremmel, auch von Ihnen – immer wieder mit Ideen konfrontiert, die Mitglieder des Bundesrates, in welcher technischen Form auch immer, an Standpunkte zu binden, die im betreffenden Land erarbeitet werden. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)
Meine Damen und Herren! Ich mache Sie jetzt nur – das ist nur eine Seitenlinie meiner Argumentation – auf den inneren Widerspruch aufmerksam, das zu fordern und zu sagen, dieselben Bundesräte, die dann per Auftrag gebunden sind, gehören ins Konsultationsgremium. – Das müssen Sie einmal auflösen. Denken Sie es zuerst durch! Einer von den beiden Vorschlägen geht also nicht. (Bundesrat Dr. Bösch: Gerade das macht Sinn, Herr Kollege! Gerade das macht Sinn! Gerade das macht den Sinn aus!) – Nein, das macht keinen Sinn. Wenn ich Parlamentarier binde, dann sind sie so gut wie Beamte, mit Verlaub gesagt. Das ist also nicht das, was eine selbständige Rolle in einem solchen Gremium begründen könnte, und dagegen würde ich mich ganz energisch verwahren. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)
Grundsätzlich sei gesagt, wenn Parlamentarismus Sinn machen kann, dann kann er nicht der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft nachgebildet werden. Wenn dieser Vorschlag jemals Realität würde, dann bräuchten wir alle nicht dazusitzen. Dann würden neun Aktionäre des Bundesrates da sitzen und ihre Aktienpakete hochheben, wenn es keine Abweichung davon geben kann, weil eine Bindung vorliegt. (Bundesrat Dr. Tremmel: Herr Kone
#ny! Dann wäre der § 9 des Finanz-Verfassungsgesetzes nach Ihrer Argumentation verfassungswidrig!) Nein, das ist er nicht, weil es ein Spezialfall ist, der auch in der Verfassung angesprochen ist.Meine Damen und Herren! Das ist einfach nicht Parlamentarismus, das ist ein mögliches Prinzip, und es ist das auch in diesem Fall eine völlig anders geartete Regelung. Wir können und wir haben natürlich Interessenvertretungen durch die Länder, das ist auch absolut legitim. Es gibt natürlich Verhandlungen zwischen den Landeshauptleuten und der Bundesregierung. Wie der betreffende Vertreter seinen Standpunkt in seinem eigenen Land erarbeitet, worauf er sich stützt, wie er ihn letztlich durchsetzt, ist eine politische Frage. Aber Parlamentarismus ist das nicht. Nicht überall dort, wo es verschiedene Meinungen gibt, kann man deshalb von Parlamentarismus sprechen.
Parlamentarismus bedeutet die Ausübung eines freien Mandates selbst dann, wenn in unserem Fall dieses Mandat abgeleitet ist, sich also nicht aus der Volkswahl ergibt. Sie wissen, daß
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