Bundesrat Stenographisches Protokoll 639. Sitzung / Seite 48

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

meine Fraktion sehr heftig dafür eingetreten ist, daß jeweils im Zusammenhang mit Landtagswahlen auch eine direkte Wahl der Bundesräte erfolgt.

Ich habe das nicht erwähnt, um einen über viele Jahre bestehenden Meinungsdissens noch einmal auszugraben, sondern weil gerade die Frage des Konsultationsmechanismus ein gutes Beispiel dafür ist, um zu belegen, daß das eine mit dem anderen nicht zusammengeht.

Wir leiten mit unseren heutigen Beschlüssen eine ganz bestimmte, mühsam herausverhandelte, aber richtige Tendenz in der bundesstaatlichen Entwicklung ein. Dieses verfassungsrechtliche finanzielle Verantwortungsprinzip, wenn ich es einmal so nennen darf, das wir hiemit zu statuieren möglich machen, erscheint unter den europäischen Rahmenbedingungen notwendig und richtig. Es werden weitere Schritte folgen müssen – solche, für die die Vorbereitungen schon sehr weit gediehen sind, und solche, die sich erst herausentwickeln werden. Dazu gehört auch in beiden Teilen die Funktion dieses Bundesrates selbst.

Ich nehme an, daß Kollege Bösch später dann das, was uns in die Hand gedrückt wurde, einbringen wird, und ich gestatte mir daher gleich vorab, eine Bemerkung zu diesem offenbar geplanten Entschließungsantrag zu machen. Der Bundesrat hat – dem sind energische, harte und mit einem Teilkonsens endende Gespräche in diesem Haus vorangegangen – selbst Vorschläge erstattet, darunter einen, der auch heute hier erwähnt wurde und den wir aus guten Gründen für den wichtigsten halten, nämlich die Möglichkeit, zu werdenden Gesetzesbeschlüssen des Nationalrates in früher Phase im Sinne eines politischen Dialogs zwischen den beiden Häusern des Parlaments Stellung zu nehmen.

Ich glaube nicht, daß der Vorschlag, der mir sehr vernünftig erscheint – wir haben ihn schließlich miterfunden –, dadurch irgendeinen Stellenwert gewinnt, daß er von der Regierung eingebracht wird. Ich glaube – ganz im Gegenteil –, daß es eine gute Sache ist, wenn die Parlamente in eigenen Anträgen versuchen, ihre Position zu definieren. Ich verstehe daher – mit Verlaub gesagt – diesen mangelnden Mannes- und Frauenmut vor Regierungsthronen verratenden Entschließungsantrag nicht ganz.

Wir sind uns darüber einig, daß wir einen föderalistischen, auf diesen drei Säulen – da gibt es noch viele andere Einflußelemente – aufbauenden Bundesstaat wollen. Darüber, wie dieser Bundesstaat im einzelnen technisch und politisch zu organisieren ist, gibt es sicherlich Meinungsdifferenzen. Ich glaube, wir sollten es uns abgewöhnen, irgend jemandem, der in diesem schwierigen Kräfteparallelogramm mitwirkt, auch den politischen Parteien, üble Absichten wie die Aushöhlung des Parlamentarismus zu unterstellen.

Die Tatsache, daß wir ein als richtig erkanntes Ziel, ein als richtig erkanntes Organisationsprinzip unseres Bundesstaates verschiedenartig ausstatten wollen, unterscheidet uns, macht uns auch für den Bürger und die Bürgerin unterscheidbar. Aber es disqualifiziert keinen von uns, weil wir diese Organisationsform, die zugleich auch die Plattform ist, auf der wir unsere selbstverständlichen ideologischen und gesellschaftspolitischen Differenzen in einer fairen und demokratischen Art und Weise austragen können, gemeinsam sicherstellen wollen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.10

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Dr. Günther Hummer das Wort. – Bitte.

12.10

Bundesrat Dr. Günther Hummer (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Landeshauptleute! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man die Freude hat, mehrere Jahre hindurch diesem Hohen Haus angehören zu dürfen, dann kann man sich erinnern, daß wohl kaum einmal ein Sitzungstag verstrichen ist, an dem nicht ein Redner beklagte, daß der Bund Gesetzesvorhaben durchsetze, ohne Bedacht darauf zu nehmen, ob die Länder und Gemeinden in den Folgen dieses Gesetzes betroffen würden. Man konnte dem nichts entgegenhalten, vor allem auch deshalb nicht, weil es ungeheuer schwierig ist, festzustellen – und das auch nur dem Fachmann und dem nur schwerlich –, wo die Kosten letztlich zu tragen sind. Die Kosten sind bei ihrer


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite