Bundesrat Stenographisches Protokoll 639. Sitzung / Seite 52

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der Finanzfragen annehmen soll, festgeschrieben. Aber "ständig" heißt bei diesem Ausschuß leider Gottes eigentlich niemals. Durch all die Funktionen, die nun im Rahmen des Konsultationsmechanismus absolviert werden müssen, hätte dieser verfassungsmäßig vorgeschriebene Ausschuß aufgewertet werden können.

Meine Damen und Herren! Es ist unbestritten, daß die Kompetenzen zwischen Bund und Ländern grundlegend neu geordnet werden müssen und daß insbesondere auch die Aushöhlung des in Österreich ohnehin schwach entwickelten bundesstaatlichen Prinzips gestoppt werden muß. Die zentralistischen Tendenzen haben sich nach dem Beitritt zur Europäischen Union durch die Kompetenzverlagerung zu den Unionsorganen noch verstärkt – entgegen allen Beteuerungen vor der Abstimmung über den EU-Beitritt.

Meine Damen und Herren! Die Regionalparlamente werden in einen zunehmenden Legitimationsnotstand geraten. Im Rahmen der Europäischen Union ist auch das Parlament der Republik Österreich und damit auch der Bundesrat ein Regionalparlament. Dieser neuerliche massive Kompetenzverlust verstärkt eine Entwicklung, die das bundesstaatliche Prinzip der Bundesverfassung aushöhlt und eigentlich eine schleichende Gesamtänderung der Bundesverfassung darstellt.

Es ist nicht zu bezweifeln, daß Österreich bereits jetzt einen relativ schwach ausgebildeten Bundesstaat darstellt, da der Bund ein erhebliches Übergewicht an Kompetenzen aufweist und der Einfluß des Bundesrates auf die Bundesgesetzgebung leider Gottes zu gering ist. Die Herren Landeshauptleute haben schon darauf Bezug genommen.

Im sogenannten Perchtoldsdorfer Übereinkommen, das ich nicht näher erläutern muß, wurde deshalb eine Aufwertung des Bundesrates – nicht nur des Bundesstaates, sondern auch des Bundesrates! – paktiert, und in der Folge wurden eine entsprechende Regierungsvorlage sowie entsprechende Änderungen des Finanzverfassungsrechtes ausgearbeitet. Im Zuge der parlamentarischen Beratungen stellte sich diese Bundesstaatsreform aber eher als föderalismusfeindlich dar, weshalb die Länder ihre ursprüngliche Zustimmung dann auch zurückziehen mußten. Die erwähnte Regierungsvorlage, meine Damen und Herren, wurde seither nicht mehr behandelt. Die Debatte um eine Bundesstaatsreform ist zu einem gänzlichen Stillstand gekommen. Das, was die Herren Landeshauptleute angedeutet haben, nämlich daß die Verhandlungen weitergehen sollen, macht uns gespannt, und wir Freiheitlichen werden auf die Ergebnisse dieser Arbeitsgruppen warten.

Um eine weitere Aushöhlung des bundesstaatlichen Prinzips der Bundesverfassung zu verhindern, sollten daher nach unserer Auffassung auf Regierungsebene die Beratungen über die Bundesstaatsreform auf der Grundlage der zwischen Bund und Ländern bereits vereinbarten Grundsätze möglichst rasch wiederaufgenommen werden. Ziel der Beratungen muß eine Stärkung der Länderrechte sein.

Ein wesentlicher Aspekt bei der Gestaltung des Bundesstaates ist natürlich die Regelung der finanziellen Beziehungen zwischen den Gebietskörperschaften. Das diskutieren wir auch heute im Zusammenhang mit dem Konsultationsmechanismus. Rechtssetzende Akte einer Gebietskörperschaft bewirken oftmals für andere – das ist unbestritten – erhebliche finanzielle Belastungen, ohne daß sich diese dagegen erfolgreich zur Wehr setzen können. Eine Regelung, die die finanziellen Beziehungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden neu ordnet und für diesen Fall auch Vorkehrungen trifft, ist daher im Interesse der Verwirklichung des bundesstaatlichen Prinzips durchaus geboten. Das soll auch von unserer Seite anerkannt werden, zumal es fast ausschließlich rechtssetzende Akte des Bundes sind, deren finanzielle Auswirkungen auf die anderen Gebietskörperschaften den Gegenstand weitläufiger Debatten bilden.

Meine Damen und Herren! Diese Koordinierung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden ist im Verfassungsorgan Bundesrat einzurichten. Dafür sind wir da, dafür sieht die Bundesverfassung dieses parlamentarische Organ vor. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Natürlich müßte der Bundesrat, um diese Aufgabe auch wahrnehmen zu können, reformiert werden, das ist keine Frage. Wir haben dazu auch schon Vorschläge gemacht.


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