Bundesrat Stenographisches Protokoll 639. Sitzung / Seite 55

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tisches Geschick und Fingerspitzengefühl beweisen müssen, um ein Mittelmaß zwischen einerseits – so könnte man sagen – Überrumpelung und andererseits Blockade finden zu können.

Aber auch für uns Bundesräte wird es in Zukunft meiner Meinung nach nicht einfach sein, diese Aufgabe zu erfüllen. Ich frage mich: Wie werden wir diese Gratwanderung beschreiten? – Damit meine ich folgenden Umstand: Wir sind auf der einen Seite Vertreter einer gesetzgebenden Körperschaft des Bundes, auf der anderen Seite von den Landtagen entsandte Vertreter unserer Länder und darüber hinaus zum Großteil auch noch in unseren Kommunen tätig. Wir werden des öfteren zwei oder gar drei Seelen in unserer Brust haben, die jeweils in eine andere Richtung tendieren, und doch werden wir letztendlich unsere Entscheidung nach bestem Wissen und Gewissen treffen. Davon bin ich überzeugt.

Durch dieses heute zu beschließende Ermächtigungsgesetz werden der Österreichische Gemeindebund und der Österreichische Städtebund Vertragspartner in einer sonst dem Bund und den Ländern vorbehaltenen Vereinbarungsform und können damit den Konsultationsmechanismus auslösen. Dieser Konsultationsmechanismus sieht, vereinfacht gesagt, vor – das ist heute schon des öfteren angeklungen –: Wer anschafft, der zahlt! – Wer also in Zukunft ein Gesetz plant, das für eine andere Gebietskörperschaft Kosten zur Folge hat, muß zunächst mit den Betroffenen über die Kosten verhandeln. Bei Nichteinigung muß die das Gesetz beschließende Körperschaft für die Kosten selbst aufkommen. In Streitfällen wird über die anfallenden Kosten in einem eigenen Schiedsgericht beraten, in Bedarfsfällen kann auch der Verfassungsgerichtshof aktiv werden.

Ich möchte noch zwei Punkte, die im Konsultationsmechanismus leider keine Berücksichtigung finden, anführen. Das ist erstens die zu kurze Frist für die Beeinspruchung beziehungsweise für die Abgabe einer Stellungnahme der Gemeinden von nur acht Tagen, und das ist zweitens die Einbindung des Gemeindebundes und des Städtebundes bereits in die Verhandlungen von Unterausschüssen und auch in die Erarbeitung von Richtlinien und Verordnungen. Es wäre erfreulich, wenn künftig auch diese Punkte noch Berücksichtigung fänden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

12.43

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem erteile ich Herrn Bundesrat Mag. Michael Strugl das Wort. – Bitte.

12.43

Bundesrat Mag. Michael Strugl (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohen Haus! Zweifellos bedeutet der Konsultationsmechanismus einen ersten Schritt – ich glaube, so muß man das auch sehen – in Richtung mehr Föderalismus.

Wenn eine Gebietskörperschaft die andere nicht mehr einseitig belasten kann, wenn man einander beraten und das Einvernehmen hergestellt werden muß, dann führt das zu mehr Fairneß und zu einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit der Gebietskörperschaften.

Wenn ich daran denke, daß sich – das wurde heute in der Fragestunde schon angesprochen – beispielsweise die Länder, aber auch die Gemeinden – mit Erfolg – bemühen, im Rahmen ihrer Budgetpolitik verantwortungsvoll und vernünftig zu wirtschaften, und wenn es dann immer wieder dazu gekommen ist, daß ihre Sparbemühungen mit einem Bundesgesetz, das sie zusätzlich belastet hat, zunichte gemacht wurden, dann muß ich sagen: Mit dem Konsultationsmechanismus haben wir tatsächlich einen Fortschritt erzielt. Denken wir nur – um ein Beispiel zu nennen – an den Gesundheitsbereich, bei dem es um eine Materie mit einer bedeutenden budgetmäßigen Größenordnung geht, die den Gestaltungsspielraum der Länder oft stark eingeschränkt hat.

Wichtig dabei ist zweifellos die Kostenwahrheit. Wenn Gesetze und Verordnungen auf ihre Folgekosten hin überprüft werden müssen und wenn man sich auch die Frage stellen muß, ob man sich die eine oder andere Regelung auch tatsächlich leisten kann, dann wird das mit dazu beitragen, daß der Drang zur Regulierung ein wenig eingebremst wird.


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