Bundesrat Stenographisches Protokoll 639. Sitzung / Seite 66

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Würden wir dem von Ihnen angekündigten Abstimmungsverhalten folgen, dann würden wir die Landtage um diese Möglichkeit einer eigenständigen Entscheidung bringen. Das heißt, wir würden ihnen den juristischen Boden unter den Füßen wegziehen, um sich überhaupt erst mit dem Konsultationsmechanismus beschäftigen zu können.

Nun diskutieren wir heute natürlich auch über den Konsultationsmechanismus, aber er ist nicht Gegenstand der Beschlußfassung. Er wird es sein, wenn die Vereinbarung von dazu befugten Vertretern des Bundes, der Länder, Städte- und Gemeindebund unterzeichnet wurde und dem parlamentarischen Genehmigungsverfahren zu unterziehen ist. Aber auch in diesem Fall vertrete ich die Auffassung, daß kein Zustimmungsfall vorliegen wird, weil die Vereinbarung nach 15a und in dieser Sonderform anders als ein Staatsvertrag ja nicht die Gesetzgebungshoheit der Landtage einschränkt, wie das etwa der Fall ist, wenn wir mit den Vereinigten Staaten von Amerika ein Abkommen schließen, das etwa Besteuerungsfragen regelt, und die Länder dann in ihrem Bereich manches nicht mehr beschließen dürften, was sie bisher beschließen konnten.

Die Vereinbarung bedarf der Genehmigung der Landtage. Wenn ein Landtag sich in seiner Freiheit eingeschränkt fühlt oder der Auffassung ist, es wäre nachteilig für das Land, steht es jedem Landtag frei, dieser Vereinbarung nicht beizutreten. Insoweit geben wir den Landtagen den nötigen Spielraum, wenn wir diesen Vorlagen zustimmen. Wir schwingen uns nicht auf in die Rolle, über den Landtagen stehend befinden zu wollen, was gut für sie sei. Diese Rolle überlasse ich den Landtagen gerne selbst.

Es war in mehreren Ausführungen von Rednern von einem Verfassungsbruch die Rede, gemeint war vermutlich der Inhalt des Konsultationsmechanismus, also dieser Vereinbarung. Ich denke, damit muß man sich natürlich ernsthaft auseinandersetzen. Der Vorwurf des Verfassungsbruches an jene, die das beschließen, ist natürlich außerordentlich schwerwiegend, und er trifft den Kollegen Bösch genauso wie mich. Daher habe ich mir darüber durchaus Gedanken gemacht.

Was bringt dieser Konsultationsmechanismus? – Er bringt zum einen eine Verbesserung bereits bestehender Instrumentarien, das ist das Begutachtungsverfahren, das zwar bis jetzt nicht explizit verrechtlicht ist, aber doch selbst in der Bundesverfassung stillschweigend vorausgesetzt ist, jedenfalls hinsichtlich der Landesgesetzgebung. Es ist eine Verbesserung des Instrumentes der Kostendarstellungspflicht, § 14 Bundeshaushaltsgesetz, und es ist eine Verbesserung des Instrumentes der Verhandlungspflicht nach § 5 des Finanzausgleichsgesetzes, wonach der Bund mit den anderen am Finanzausgleich beteiligten Gebietskörperschaften Verhandlungen führen muß, wenn er ihre Ausgaben erhöht oder ihre Einnahmen schmälert.

Diese Verhandlungspflicht war bisher sanktionslos, sie wurde häufig wenig ernsthaft gehandhabt. Die Länder haben immer beklagt, daß das kein ausreichendes Instrument wäre. Jetzt bekommt dieses Instrument ein bißchen Zähne. Wenn diese Verhandlungen nicht geführt werden, dann trifft den Bund das Risiko, daß Kosten, über deren Tragung nicht verhandelt wurde, von ihm selbst zu übernehmen sind. Das heißt, § 5 des Finanzausgleichsgesetzes wird in seiner Wirksamkeit verbessert. Das alles spielt sich aber in dem bereits verfassungsrechtlich oder einfachgesetzlich vorgegebenen Rahmen ab.

Nun kann man darüber diskutieren, ob die ursprüngliche Fassung der Vereinbarung, diese Konsultationspflicht, Kostendarstellungspflicht und dergleichen mehr, die auch für parlamentarische Anträge vorgesehen war, nicht zu stark in die Eigenständigkeit des Gesetzgebers eingreifen würde, ganz abgesehen davon, daß die Vereinbarung selbst gewissermaßen augenzwinkernd für den Fall vorgesorgt hat, daß, wenn ein Parlament nicht konsultiert und nicht Kosten ausweist, dieses die Kosten selber tragen muß. Das hat dazu geführt, daß die Parlamente gesagt haben – Nationalrat, auch Diskussion im Bundesrat und in einigen Landtagen –, wir möchten aus dieser Kosultationspflicht herausgenommen werden. Es soll so wie bisher im Vorfeld der Erarbeitung von Gesetzesvorschlägen bleiben, nicht im Bereich der Gesetzgebung selbst. Diesem Wunsch wurde Rechnung getragen.


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