Bundesrat Stenographisches Protokoll 639. Sitzung / Seite 79

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Mit der Ablösung der bestehenden Unabhängigen Verwaltungssenate durch Landesverwaltungsgerichte sollen diese eine nur durch einige, wenn auch nicht unbedeutende Ausnahmen durchbrochene, aber sonst umfassende Zuständigkeit erhalten.

Trotz der von mir dargestellten Lösungsansätze und von mir bereits ausgeführten Fragen zur Eindämmung der Gesetzgebung selbst sowie auch Fragen einer umfassenden Rechtsbereinigung, die erforderlich ist, sind natürlich konkrete Vorschläge zur Behebung der Überlastung des Verwaltungs- und des Verfassungsgerichtshofes notwendig. Wenn die heutige Diskussion mit dazu beitragen kann, diese Überlegungen umgehend einer parlamentarischen Behandlung zuzuführen, dann ist meines Erachtens ein erster, aber wichtiger Schritt in die richtige Richtung gesetzt.

Nur dann, wenn die Gerichte in der Lage sind, Entscheidungen innerhalb angemessener Fristen zu treffen, wird der Bürger der Gerichtsbarkeit jenes Vertrauen entgegenbringen, das dieser in einem Rechtsstaat zukommt. Schaffen wir diese Voraussetzungen, schaffen wir sie so bald wie möglich! (Beifall bei der SPÖ und bei den Freiheitlichen.)

14.32

Präsident Ludwig Bieringer: Als nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Gottfried Jaud. Ich erteile ihm dieses.

14.32

Bundesrat Gottfried Jaud (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Präsidenten der Höchstgerichte Österreichs! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Bundesrates! Der uns heute vorliegende Tätigkeitsbericht des Verwaltungsgerichtshofes zählt für mich zu den schaurigsten Berichten, die ich im Hohen Haus während meiner jahrelangen Tätigkeit vorgelegt bekommen habe!

Die beiden Tätigkeitsberichte, nämlich der über den Verfassungsgerichtshof und der über den Verwaltungsgerichtshof, gleichen sich in einem Punkt, wie meine Vorredner bereits festgestellt haben, nämlich darin, daß die Flut der Geschäftsfälle in den letzten Jahren dramatisch zugenommen hat. Während aber der Bericht des Verfassungsgerichtshofes erkennen läßt, daß er seiner Aufgabe, wenn auch unter großen Schwierigkeiten, nachkommen kann, so geht aus dem Bericht des Verwaltungsgerichtshofes eindeutig hervor, daß dieser seiner Aufgabe einfach nicht mehr nachkommen kann.

In dem vorliegenden Bericht aus dem Jahre 1996 steht, wie mein Vorredner Dr. Böhm bereits erwähnte, daß die Aufarbeitung der derzeit unerledigten Beschwerdefälle rund drei Jahre dauern würde – man denke einmal darüber nach, was in drei Jahren, in dieser langen Zeit alles passieren kann beziehungsweise was sich in dieser Zeit in unserer Gesellschaft verändert –, und dies auch nur dann, wenn keine neuen Beschwerdeakte mehr einlangen würden.

Seit dem Beschluß dieses Berichtes, der uns heute vorliegt, ist aber ein weiteres Jahr vergangen, und ich bin überzeugt davon, daß sich die Situation inzwischen noch wesentlich verschärft und verschlechtert hat.

Der Bericht spricht nicht nur von fehlendem Personal, sondern auch von Raumnot und mangelnden Investitionsmitteln zur Fertigstellung einer bereits investierten und brachliegenden EDV-Anlage. Eine für uns hier im Parlament besonders beschämende Aussage lautet: In der 125jährigen Geschichte des Verwaltungsgerichtshofes hat es noch nie eine derartige Situation gegeben, nämlich daß die Arbeit des Verwaltungsgerichtshofes praktisch lahmliegt.

Wir leben aber hier in Österreich in einem Staat mit sehr hohem Wohlstand, in einem Staat mit hoher Sicherheit, und zwar auch mit hoher Rechtssicherheit. Das könnte einige allerdings zu dem Rückschluß verleiten, daß dies deshalb so ist, weil eben verschiedene staatliche Einrichtungen nicht so funktionieren, wie es eigentlich von Rechts wegen vorgesehen ist. Das hieße aber wiederum nichts anderes, als daß wir hier im Parlament Gesetze beschließen beziehungsweise daß in den Ministerien Verordnungen erlassen werden, die für das gute Funktionieren unserer Gesellschaft besser nicht vollzogen würden.


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