Bundesrat Stenographisches Protokoll 639. Sitzung / Seite 80

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Für mich als Nichtjuristen ist es unverständlich, daß hier in diesem Haus, hier im Parlament, so viele Juristen tatenlos zusehen, wie eine juristische Einrichtung, die der österreichischen Bevölkerung Rechtssicherheit garantieren soll, sukzessive die Möglichkeit, ihre Aufgaben zu bewältigen, verliert.

Ich möchte keine Vorschläge hinsichtlich einer Verbesserung der Arbeitsmöglichkeiten in den Verwaltungsgerichten abgeben. Darüber wurde aus berufenerem Munde bereits viel gesagt und auch sehr viel geschrieben. Ganze Bücher wurden damit gefüllt. Auch in dem vorliegenden Bericht stehen einige Vorschläge, wie die Arbeit des Verwaltungsgerichtshofes sofort und ohne hohe Kosten verbessert werden könnte.

Ich möchte mich ganz bewußt nicht in die Diskussion über die Vorteile zentraler oder dezentraler Verwaltungsgerichte einmischen, wie sie heute von Landeshauptleuten im Hohen Haus vorgetragen wurden. Die Meinungsverschiedenheiten darüber bestehen, seit es Verwaltungsgerichte gibt, und reichen noch bis in die Monarchie zurück. Heute, im Zuge unseres EU-Beitrittes, ist die Situation der Verwaltungsgerichte sicherlich wiederum neu zu überdenken.

Die vorliegenden Berichte an das Parlament haben den Sinn und Zweck, uns Abgeordnete darüber zu informieren, wie es in den verschiedenen Abteilungen der Bundesverwaltung aussieht. Wenn wir aber einen solchen Hilferuf – im vorliegenden Bericht des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich für mich eindeutig um einen Hilferuf, und zwar um einen Hilferuf in höchster Not – nicht ernst nehmen, dann machen wir uns schuldig. Wir als Abgeordnete des Parlaments würden uns damit schuldig machen, die Rechtssicherheit in unserem Staate Österreich nicht mehr ernstzunehmen! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Da gilt auch die Ausrede von Sparsamkeit und mangelnden Finanzmitteln nicht, denn in erster Linie kostet die Bewältigung des im Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Problems keine Geldmittel, sondern Hirnschmalz, Ideen, wie man Veränderungen durchführen kann, und zwar auf gesetzlicher Ebene.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Bundesräte! Ich möchte deshalb an euch alle – wie bereits meine Vorredner auch – den Appell richten: Sehen Sie sich diesen Tätigkeitsbericht des Verwaltungsgerichtshofes für das Jahr 1996 an! Er ist sehr kurz gehalten, leicht überschaubar und vor allem so abgefaßt, daß er für jedermann – auch für Nichtjuristen wie mich – verständlich ist. Dafür möchte ich den Verantwortlichen ein ganz besonderes Lob aussprechen. – Dasselbe gilt übrigens auch für den Bericht des Verfassungsgerichtshofes.

Deshalb, sehr geehrter Herr Dr. Böhm, wäre es meiner Ansicht nach auch falsch, diesen Bericht nicht zur Kenntnis zu nehmen. Im Gegenteil: Wir sollten den Bericht zur Kenntnis nehmen, sollten ihn uns aber sehr genau ansehen. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn Sie nur 10 Minuten oder eine Viertelstunde dafür opfern, dann werden Sie sehen, welche Probleme im Verwaltungsgerichtshof bestehen. Dann werden Sie mir auch recht geben: Da muß etwas getan werden!

Ich möchte deshalb auch, so wie das meine Vorredner bereits getan haben, in aller Ernsthaftigkeit alle Klubs aufrufen – dieser Appell, sehr geehrter Herr Präsident, richtet sich auch an Sie –: Lösen wir gemeinsam die Probleme des Verwaltungsgerichtshofes, damit die Rechtssicherheit in unserem Staat auch weiterhin gewährleistet ist! – Ich danke Ihnen. (Allgemeiner Beifall.)

14.40

Präsident Ludwig Bieringer: Als nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch. Ich erteile ihm dieses.

14.40

Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche, Vorarlberg): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Herren Präsidenten! Wir Freiheitlichen haben mit den Höchstgerichten hier im Lande durchaus gute Erfahrungen, namentlich auch mit dem Verfassungsgerichtshof, und dies nicht nur, was dessen Entscheidungen anlangt, sondern auch aufgrund der Tatsache, daß bei der letzten Bestellung eines Mitgliedes dieses Gerichtshofes auf freiheitlichen


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