Bundesrat Stenographisches Protokoll 639. Sitzung / Seite 81

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Antrag zum ersten Mal ein Hearing der Bewerber um diese Stelle, für welche dem Bundesrat das Vorschlagsrecht zukam, durchgeführt wurde. Wir hoffen, daß das nur der Beginn einer langfristigen Entwicklung war.

Ich kann mich inhaltlich in bezug auf die Berichte, über die wir heute debattieren, kurz fassen. Ich möchte nur für die freiheitliche Fraktion sagen, daß wir die gute Arbeit und das Engagement der dort Tätigen, Herr Kollege Jaud, durchaus anerkennen und respektieren. Ja ich möchte sogar ein Lob betreffend die sichere Unabhängigkeit unserer Obersten Gerichte hier im Lande aussprechen. Auch jene Entscheidungen, die der Bundesregierung nicht ins Konzept passen und deshalb von ihr rücksichtslos kritisiert werden, werden – besonders in letzter Zeit – vom Verfassungsgerichtshof konsequent und klar vertreten. – Meine Herren! Ich gratuliere Ihnen dazu! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Bundesrates Jaud. )

Wir können aber, wenn wir diese Berichte lesen – Herr Kollege Jaud hat das in eindrucksvoller Weise schon dargelegt –, die dafür zuständige Bundesregierung, den Bundeskanzler und auch die Regierungsparteien im Parlament, im Nationalrat, nicht aus ihrer Verantwortung entlassen. Wenn Sie lesen müssen, daß es Rückstände von 13 182 Fällen im Verfassungsgerichtshof und von 13 638 Fällen im Verwaltungsgerichtshof gibt, und wenn im Bericht über das Jahr 1996 in der Präambel schon angeklungen ist, daß sich das abgelaufene Jahr als Katastrophenjahr würdig an die anderen Jahre reihe (Bundesrat Rauchenberger: Aufpassen, Herr Kollege!) , dann, Herr Kollege Rauchenberger, können Sie nicht sagen, daß die Verantwortlichen nicht rechtzeitig Alarm geschlagen hätten.

Ich glaube, das Problem in dieser Sache ist, daß dieses Parlament einfach schlechte Gesetze macht. Meine Damen und Herren! Erinnern Sie sich zurück, worüber wir hier zu debattieren hatten! Erinnern Sie sich doch zurück an das Führerscheingesetz! Ich meine, daß das, was wir in diesem Zusammenhang hier im Hohen Hause erlebt haben, eines guten Parlaments nicht mehr würdig war. Absurde Beispiele für den Regelungswahn haben wir in den letzten Jahren sonder Zahl gehabt. Das Sozialversicherungsgesetz aus 1955 wurde in den darauffolgenden 36 Jahren nicht weniger als 86mal novelliert, wobei oft durch eine einzige Novelle mehr als hundert Paragraphen geändert wurden. Das Arbeitslosenversicherungsgesetz wurde allein 1996 siebenmal novelliert, davon viermal mit Rückwirkung zu verschiedenen Stichtagen. Das ergibt zehn bis elf verschiedene Fassungen pro Jahr. Das Einkommensteuergesetz wurde 1996 siebenmal geändert – von den rückwirkenden Änderungen im Zusammenhang mit dem sogenannten Strukturanpassungsgesetz ganz zu schweigen. Das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 wurde 15mal novelliert.

Meine Damen und Herren! Sie ersehen aus dieser Gesetzesflut, die hier im Hohen Haus entsteht, daß es an uns Parlamentariern liegt, diesen Engpaß, den es bei den Obersten Gerichtshöfen gibt, endlich anzupacken. Wir haben klar festzustellen, daß die Gesetze vom Parlament gemacht werden, und zum Parlament gehört nicht nur der Nationalrat, sondern auch der Bundesrat! Wenn Sie, Herr Kollege Rauchenberger, angekündigt haben, daß Sie in Zukunft mit uns Freiheitlichen gegen unsinnige, unklare, übereilte Gesetze stimmen werden (Bundesrat Rauchenberger: Aus eigener Einsicht!) , dann hat mich das gefreut. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Rauchenberger: Ich wehre mich gegen die Vereinnahmung, Herr Dr. Bösch!)

Meine Damen und Herren! Dieser Alarmschrei der Obersten Gerichtshöfe muß von den Parlamenten gehört werden, und wir als Bundesrat hätten auch die Aufgabe, den Nationalrat zu zwingen, eine klare Gesetzgebung zu machen. Wir hätten ein wenig einen Erziehungsauftrag gegenüber unserem größerem Bruder ein paar Türen weiter. Diesen Erziehungsauftrag werden wir freiheitlichen Bundesräte in Zukunft auch wahrnehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.45

Präsident Ludwig Bieringer: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Milan Linzer. Ich erteile dieses.

14.45

Bundesrat Dr. Milan Linzer (ÖVP, Burgenland): Herr Präsident! Meine Herren Präsidenten von den Hohen Gerichtshöfen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Es ist


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite