Bundesrat Stenographisches Protokoll 639. Sitzung / Seite 92

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

15.35

Bundesrat Josef Rauchenberger (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Aufgrund der in Artikel 108 EG-Vertrag auferlegten Verpflichtung zur Umsetzung innerstaatlicher Rechtsvorschriften, einschließlich der Zentralbanksatzungen aller EU-Mitgliedstaaten, um das Europäische System der Zentralbanken einzurichten, sind das Bundesgesetz über die Änderung des Nationalbankgesetzes 1984 und die damit im Zusammenhang stehenden Gesetze Gegenstand dieser aktuellen Debatte.

Die Tätigkeit der Oesterreichischen Nationalbank rückt damit in einem noch weit stärkeren Ausmaß als bereits durch den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union in den Blickpunkt der interessierten Öffentlichkeit. Unbestritten ist, daß ein Informationsbedürfnis der Bevölkerung durch die bevorstehende Wirtschafts- und Währungsunion, im besonderen auf Auswirkungen für die nationale Notenbank und damit für die Sicherheit und Stabilität unserer Währung vorhanden ist und zudem einer ständigen Steigerung unterliegt.

Diesen Umstand und die seit Jahren in der öffentlichen Diskussion stehenden Fragen im Zusammenhang mit der österreichischen Notenbank beabsichtige ich daher, in der Debatte zur gegenständlichen Gesetzesvorlage etwas ausführlicher zu berücksichtigen. Dies auch deshalb, weil kein Anlaß besteht, der Bevölkerung wesentliche Fragen über die weitere Entwicklung der österreichischen Wirtschafts- und Währungspolitik vorzuenthalten. Andererseits aber auch deshalb, weil die Wirtschafts- und Währungspolitik der Oesterreichischen Nationalbank bisher sehr erfolgreich auf Herausforderungen der Zeit, wie Internationalisierung, Deregulierung und Liberalisierung des Kapitalverkehrs, ebenso wie auf die vor Jahren zu Recht geäußerte Kritik reagierte und dazu sehr konkrete Veränderungen einleitete und in verschiedenen Reformphasen bereits umsetzte.

Die Oesterreichische Nationalbank genießt in der Bevölkerung zu Recht hohes Ansehen als Hüterin einer stabilen Währung. Umso mehr gilt es, dieses Vertrauen auch für die Zukunft zu sichern. Wenn nun mit 1. Jänner 1999 die europäischen Staaten erstmals eine einheitliche Währung einführen, so entspricht dies dem Stabilitätsbedürfnis ihrer Bewohner und wird allgemein als Erfolg einer Entwicklung wirtschaftlicher und finanzieller Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten anerkannt. Durch die Euro-Initiative der Bundesregierung konnten die ursprüngliche Skepsis, ja auch die vorhandenen Ängste gegenüber der Währungsumstellung in der Bevölkerung erheblich abgebaut und gleichzeitig das Gefühl vermittelt werden, daß sich eben nur der Name und die Recheneinheit der Währung ändern werden, die Kaufkraft aber erhalten bleiben wird.

Damit dies aber auch tatsächlich eintritt, bedarf es bestimmter Rahmenbedingungen, unter anderem auch des vorliegenden Bundesgesetzes, mit dem diese Ziele verwirklicht werden sollen. Gegenwärtig ist die Satzung der Oesterreichischen Nationalbank im Nationalbankgesetz 1984 in der novellierten Fassung von 1993 festgelegt. Demnach ist die Oesterreichische Nationalbank eine Aktiengesellschaft. Sie verfügt über ein Nominale von 1,5 Milliarden Schilling. Das Stammkapital liegt zur Hälfte bei der Republik Österreich. Ihre Organisationsstruktur, also Generalversammlung der Aktionäre, Generalrat und Direktorium, spiegelt diese Rechtsform wider.

Der Generalrat besteht aus einem Vorsitzenden, dem Präsidenten, zwei Vizepräsidenten und elf weiteren nebenamtlichen Mitgliedern. Er leitet die Bank und trifft alle wichtigen geldpolitischen Entscheidungen. Das Direktorium, das aus dem Generaldirektor, der diesem vorsteht, dessen Stellvertreter und zwei bis vier weiteren Mitgliedern besteht, nimmt die Verwaltung und Leitung der Bank wahr. Der Generaldirektor hat dem Generalrat Bericht zu erstatten und nach Maßgabe der Richtlinien zu handeln. Ein Staatskommissär beaufsichtigt die Geschäftstätigkeit der Bank, um sicherzustellen, daß dem Nationalbankgesetz Folge geleistet wird.

Erlauben Sie mir, nach der kurzen Darstellung der gegenwärtigen Situation der Struktur der Nationalbank auf die wichtigsten Bestimmungen der Nationalbankgesetze inhaltlich einzugehen. § 4 des Nationalbankgesetzes 1984 beziehungsweise 1993, aufgrund dessen die Bank bei der Festlegung ihrer Geld- und Kreditpolitik der Wirtschaftspolitik der Regierung Rechnung zu tragen hat, wird durch folgende Bestimmung ersetzt:


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite