Bundesrat Stenographisches Protokoll 639. Sitzung / Seite 93

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Im Rahmen des Gemeinschaftsrechtes, insbesondere der Artikel 2 und 105 des EG-Vertrages, hat die Oesterreichische Nationalbank mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln dahin zu wirken, das Ziel der Preisstabilität zu gewährleisten. Soweit dies ohne Beeinträchtigung des Ziels der Preisstabilität möglich ist, ist den volkswirtschaftlichen Anforderungen in bezug auf Wirtschaftswachstum und Beschäftigungsentwicklung Rechnung zu tragen und die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Gemeinschaft zu unterstützen.

Damit die Unabhängigkeit voll gewahrt werden kann, ist vorgesehen, daß bei der Wahrnehmung von Aufgaben der ESZB der Bank und den Mitgliedern ihrer Beschlußorgane ausdrücklich untersagt ist, Weisungen von Organen oder Einrichtungen der Gemeinschaft oder von EG-Mitgliedstaaten oder von anderen Stellen einzuholen oder entgegenzunehmen. In allen Angelegenheiten des ESZB geht die Entscheidungsgewalt vom Generalrat auf das Direktorium über, wodurch das Problem, daß die Generalratsmitglieder nur ehrenamtlich fungieren, gelöst wird. Dem Generalrat gehört nur ein Vizepräsident an, die Anzahl der Mitglieder dagegen ändert sich nicht. Die Mindestamtszeit des Präsidenten, also des Gouverneurs, des Vizepräsidenten, Vizegouverneurs und der beiden anderen Direktoriumsmitglieder wird künftig fix auf fünf Jahre erhöht. Bisher war es bis zu fünf Jahren. Die Definition der Gründe für ihre etwaige Entlassung wird im Sinne von Artikel 142 der ESZB-Satzungen angepaßt. Nebentätigkeiten, die zu Zweifeln an ihrer persönlichen Unabhängigkeit Anlaß geben könnten, werden untersagt. Es wird ferner eine Bestimmung eingeführt, nach der der Präsident, Gouverneur, oder der Vizegouverneur in ihrer Eigenschaft als Mitglieder des EZB-Rates und des erweiterten Rates der EZB nicht an Beschlüsse des Direktoriums und des Generalrates gebunden sind.

Die Befugnisse des Staatskommissärs werden reduziert, es verbleibt ihm nur noch das Recht, an der Generalversammlung der Aktionäre sowie an den Sitzungen des Generalrates mit beratender Stimme teilzunehmen. Die Einbindung in das ESZB und anderer Rechtsvorschriften wird durch Bestimmungen eingeführt, deren zufolge die Bank integraler Bestandteil des ESZB ist und bei der Verfolgung von Aufgaben der ESZB entsprechend den Leitlinien und Weisungen der EZB zu handeln hat. Außerdem werden die Bestimmungen über die Beteiligung an internationalen Währungseinrichtungen und die Ausgabe von Banknoten abgeändert.

Die im Gesetzentwurf enthaltenen Bestimmungen zur Gewährleistung der personellen Unabhängigkeit der Direktoriumsmitglieder treten am Tage der Errichtung der EZB in Kraft. Für den Rest von Stufe zwei wird eine Übergangsregelung vorgesehen, durch die das Direktorium vor Beeinträchtigungen durch den Generalrat in Angelegenheiten, die die Vorbereitung von Stufe drei durch die Bank betreffen, geschützt wird. Alle sonstigen Bestimmungen treten an dem Tag in Kraft, an dem Österreich die einheitliche europäische Währung einführen wird.

Wie ich bereits in meiner Einleitung ausführte, gelang es der Oesterreichischen Nationalbank – neben der Wahrnehmung währungspolitischer Aufgaben – insbesondere in den letzten Jahren, eine grundlegende und systematische Unternehmenserneuerung umzusetzen. Aufgrund der in der Öffentlichkeit wiederholt irreführenden Darstellung vermeintlich vorherrschender Privilegien erachte ich es in meinem Beitrag für notwendig, dazu einige Klarstellungen zu geben und von verschiedenen Reformschritten zu berichten.

So wie zahlreiche nationale und internationale Unternehmungen unterzog sich auch das Unternehmen Oesterreichische Nationalbank im vorangegangenen Jahrzehnt einer verstärkten Organisationserneuerung mit gravierenden Auswirkungen auf die Personalstruktur. Die Reformmaßnahmen waren unter anderem gravierende Einsparungen im Bereich der Bezüge der Bankleitung sowie eine Verringerung der Zahl der Führungspositionen in der oberen und mittleren Leitungsebene. Die Anzahl der Direktoren wurde von sechs auf vier reduziert, die Verträge der neuernannten Direktoren wurden der Gehaltspyramide unterworfen, die Hierarchiestufe der Direktor-Stellvertreter wurde vollständig abgeschafft. Durch die Reorganisation wurden insgesamt sieben Abteilungen und damit verbunden auch einige Abteilungsleiter eingespart. Dies entspricht einer Verringerung um 16 Prozent. Bis Ende Dezember 1997 wurde der Mitarbeiterstand – in Kombination mit Aufgabenentlastungen und Reduzierung der Zahl der Abteilungen – von 1 234 auf 1 114, also um 120, gesenkt, was einer Verringerung von rund 10 Prozent entspricht. Die Reformmaßnahmen brachten im Personalbereich eine prognostizierte, kumulierte


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