Bundesrat Stenographisches Protokoll 639. Sitzung / Seite 99

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Mit gegenständlichem Sammelgesetz sollen nun die mit der Oesterreichischen Nationalbank in Zusammenhang stehenden legistischen Anpassungserfordernisse umgesetzt werden. Die Neuerungen wurden gleichzeitig zum Anlaß der Umsetzung von innerstaatlichem Änderungsbedarf und erforderlichen Rechtsbereinigung genommen. – Soweit dieser Absatz aus dem Entwurf.

Aus der Anlage der europäischen Geldpolitik tritt nun die Oesterreichische Nationalbank als Mitspielerin in das Zentrum des Systems der Europäischen Notenbank. Dabei geht es um Kompetenzen, die an die EZB abgeführt werden müssen, inhaltlich geht es aber auch um mehr Mitwirkung, um mehr Mitspracherecht. Vom bloßen Nachvollziehen deutscher Geldmarktpolitik wird die heimische Nationalbank damit zur aktiven Gestalterin und Mitgestalterin des Europäischen Währungssystems.

In der ihr übertragenen Rolle hat die Nationalbank primär die Aufgabe, für einen stabilen Euro und Preisstabilität zu sorgen. Das ist wichtig, das ist die erste – ich möchte es sogar so sagen – hehre Aufgabe einer Notenbank.

Ich bin sehr froh darüber, meine Damen und Herren, daß der österreichische Gesetzentwurf von der in vielen Mitgliedstaaten geübten Gepflogenheit, die Preisstabilität zu einem Götzen zu erheben, abgeht und die Berücksichtigung der Beschäftigungsentwicklung in den Zielkatalog mitaufgenommen hat. Ich persönlich hätte mir noch eine stärkere Betonung der Arbeitsplatzsicherung gewünscht, denn der Euro als einigende Kraft in einem immer stärker verschmelzenden Europa kann nur dann die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllen, wenn er von der Bevölkerung akzeptiert wird, und diese Akzeptanz wird in erster Linie von der Preisstabilität, aber auch und nicht zuletzt von den Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt abhängen.

Die heute zu beschließende Novelle ist eine solide Basis für die Einführung des Euro in Österreich. Die Nationalbank wird nachhaltig abgesichert und gleichzeitig mit jener Schlagkraft ausgestattet, die unsere Notenbank für eine führende Rolle im EZB-System brauchen wird.

Wenn seitens der Freiheitlichen Partei die Auffassung vertreten worden ist, daß die Novelle raschest zurückgezogen werden – so waren Ihre Debattenbeiträge im Nationalrat ausgerichtet – und in der Versenkung verschwinden sollte, müßte man natürlich schon bedenken, was eine derartige Forderung nach sich zöge. Das hieße nichts anderes, als daß das sehr wichtige Datum, das von Österreich einzuhalten ist, um sämtlichen Kriterien der Währungsunion gerecht zu werden, von Österreich versäumt würde. Das heißt, wir haben mit der Vorlage dieser Gesetzesnovelle die zeitlich letzte Möglichkeit, diesem so wichtigen Formalkriterium zu entsprechen. Seit mehr als zwei Jahrzehnten konnten trotz aller wechselnden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowohl der innere als auch der äußere Wert des Schilling stabil gehalten werden. Auch wichtig für jegliche derartige Situation, insbesondere für die Nationalbank als die für die Währungspolitik zuständige Institution, ist, daß ein hohes Ausmaß an Reputation vorhanden ist, daß ein hohes Ausmaß an Glaubwürdigkeit vorhanden ist.

Eine Umfrage aus der letzten Zeit ist ein Beweis dafür, daß diese Institution "Oesterreichische Nationalbank" trotz aller Diskussionen eine hohe Reputation sowie eine hohe Glaubwürdigkeit genießt. Nach dieser Umfrage sind 61 Prozent der Bevölkerung der Meinung, daß die Nationalbank jene Institution ist, die am meisten als vertrauenswürdig angesehen wird. Das ist nach der Polizei die zweite Institution in Österreich, der man hohe Vertrauenswürdigkeit und Glaubwürdigkeit beimißt.

Was die Unabhängigkeit anlangt, können wir, so glaube ich, auf die bisherige Performance der Oesterreichischen Nationalbank im europäischen Vergleich, ja sogar im internationalen Vergleich stolz sein. Ein Unabhängigkeitsindex, der nicht nur die europäischen, sondern auch die Banken beispielsweise der USA, Kanadas und Australiens umfaßt, besagt, daß die Oesterreichische Nationalbank nach der von Deutschland über den Zeitraum der letzten 40 Jahre mit 65 Prozent die höchste Unabhängigkeit im Vergleich zu allen anderen Nationalbanken hat. Das sollte man auch sagen, wenn man es weiß. Es schadet nicht, etwas dazuzulernen.


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