Bundesrat Stenographisches Protokoll 639. Sitzung / Seite 104

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den, dann wäre das doch ein wenig zu hanebüchen – jedenfalls dann, wenn man eine sachliche und seriöse Diskussion führen will.

Lassen Sie mich nun im folgenden zur Eigentümerstruktur Stellung nehmen. Ich bekenne mich zu der Eigentümerstruktur, die die Oesterreichische Nationalbank hat, und zwar aus einem ganz einfachen Grund: Österreich ist in seiner gesamten Wirtschaftspolitik und auch in der Verantwortung, die wir in diesem Staate haben – sehr zum Unterschied von anderen demokratischen Ländern in Europa – durch einen sehr starken sozialpartnerschaftlichen Konsens geprägt. Ich weiß schon, daß die Sozialpartnerschaft in verschiedenen Phasen der österreichischen Innenpolitik einen unterschiedlichen Stellenwert gehabt, mitunter auch unterschiedliches Ansehen genossen hat. Aber in der Tat ist der österreichische Weg des sozialen Ausgleichs ein solcher, der in zunehmendem Maße – immer mehr gerade in politisch schwierigen Zeiten, in Zeiten von Veränderungen, in denen es auch darum geht, unter Umständen bei der Problemlösung mitzuhelfen – an Bedeutung gewinnt. Das System des Einbindens der Sozialpartner in wichtige wirtschaftspolitische Entscheidungen wird in zunehmendem Maße als beispielhaft dargestellt. Ich glaube, daß Geldpolitik und auch die Wahrnehmung der künftigen Kompetenzen durchaus eine Legitimation für die sozialpartnerschaftliche Mitwirkung darstellen, die sich letztendlich auch im konzeptiven Bereich niederschlägt.

Denn eines muß ich schon in aller Offenheit und mit aller Deutlichkeit sagen: Es gibt viele europäische Länder, wo dann, wenn das Haus bereits brennt, nach den Sozialpartnern – gemeint sind dann in erster Linie die Gewerkschaften – gerufen und verlangt wird, daß sie Verantwortung mittragen. Wenn es aber darum geht, auch konzeptiv sozial ausgewogene Politik zu machen, dann ist die Einbindung der Sozialpartner sehr häufig ein etwas ungeliebtes Kind.

Ich meine, daß die gesamte Nachkriegsgeschichte der Republik Österreich und die Entwicklungen, die sich heute in diesem Lande abzeichnen, zu einem guten Teil auf diesem sozialpartnerschaftlichen Konsens basieren, der zwar oft nicht sehr spektakulär, aber doch sehr wirkungsvoll, sehr lösungsorientiert war. Ich bin der Ansicht, daß wir diesen Grundkonsens der sozialpartnerschaftlichen Zusammenarbeit nicht aus kleinkarierter Parteipolitik gefährden sollten. Ich bekenne mich dazu. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Nun läßt sich sicher auch darüber diskutieren, ob die Nationalbank nicht eine andere Eigentümerstruktur haben könnte. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, daß irgend jemand, der vernünftig denkt und Aktiengesellschaften analysiert, meinen kann, daß man einem Aktionär ganz einfach etwas wegnehmen kann. Ich bin äußerst erstaunt, daß das immer wieder vorkommt. Denn manche meinen – ich habe das auch im Nationalrat und im Finanzausschuß des Nationalrates mit großer Verblüffung gehört –, daß die jetzigen Aktionäre, die letztendlich ein gewaltiges Vermögen repräsentieren, absalutieren und durch jemanden ersetzt werden, der nur den Nominalpreis bezahlt, der vor 50 Jahren relevant war. (Bundesrat DDr. Königshofer: Fairer Preis!) Es kann nur ein fairer Preis sein.

Angesichts der gemeinsamen Konsolidierungsbemühungen von Bund, Ländern und Gemeinden wäre es allerdings interessant, zu sehen, wie die Länder und Gemeinden imstande wären, 50 Prozent des Wertes der Oesterreichischen Nationalbank den jetzigen Aktionären abzukaufen. Auf die Diskussionen in den einzelnen Landtagen wäre ich sehr gespannt. Daher ist das ein Scheinargument – es sei denn, Sie bekennen sich zur Enteignung der jetzigen Aktionäre. Es wäre sehr interessant, zu erfahren, ob Sie sich in der Tat in bestimmten differenzierten Vorgangsweisen über Eigentum in solch leichtfertiger Weise hinwegsetzen würden.

Es könnte sein, daß Bundesländer Anteile an der Nationalbank kaufen wollen. Die Republik Österreich wird zwar keine verkaufen, aber vielleicht findet sich ein Aktionär – wir befinden uns in einem marktwirtschaftlichen System –, der einem Bundesland – vielleicht Oberösterreich – Anteile verkauft. Ich würde mich als Finanzminister überhaupt nicht dagegen wehren. Allerdings muß es auf der einen Seite jemanden geben, der kaufen möchte, und auf der anderen Seite jemanden, der verkaufen möchte, und dann muß man sich über den Preis einigen. Das ist ein Grundprinzip der freien Marktwirtschaft, das ist auch ein Grundprinzip der sozialen Marktwirtschaft, das ist ein Grundprinzip, zu dem ich mich bekenne. Ich bekenne mich nicht dazu, daß


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