Bundesrat Stenographisches Protokoll 639. Sitzung / Seite 103

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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister. – Bitte.

16.26

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte nur zu einigen wenigen der angesprochenen Diskussionsbereiche Stellung nehmen, weil es mir wichtig zu sein scheint, daß einige Dinge doch nicht ganz unwidersprochen bleiben.

Zunächst einmal möchte ich feststellen, daß der Anlaß für die Novelle des Nationalbankgesetzes in der Tat die Erfüllung der Konvergenzkriterien im Hinblick auf die Wirtschafts- und Währungsunion ist und war. Das ist auch die Hauptzielrichtung der heute vorliegenden Novelle. Ich darf Ihnen mitteilen, daß diese Vorlage in der Form, in der sie zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Konvergenzberichte von EWI und der Europäischen Kommission vorgelegen war, in Österreich allerdings noch nicht die rechtsrelevante Beschlußfassung hinter sich hatte. Weiters darf ich Ihnen mitteilen, daß jene Vorlage, die heute auch im Bundesrat liegt, vom EWI als rechtlich konvergent betrachtet wird und daß die Zielsetzungen, die die Oesterreichische Nationalbank als Teil des Systems der Europäischen Zentralbanken künftighin wahrzunehmen hat, durch diese Gesetzesnovelle abgedeckt sind.

Ich möchte wirklich davor warnen, bestimmte künftige Aufgabenstellungen, die die Oesterreichische Nationalbank im Rahmen des Systems der Europäischen Zentralbanken wahrzunehmen hat, auch in der Öffentlichkeit oder in einem parlamentarischen Organ wie dem Bundesrat so leichtfertig zu definieren, wie das der sehr geschätzte Herr Bundesrat Königshofer getan hat. Denn die künftige Aufgabe der Oesterreichischen Nationalbank besteht nicht darin, Banknoten zu verteilen. Die Oesterreichische Nationalbank hat vielmehr auch jene analytischen und volkswirtschaftlichen Positionen zu erarbeiten und festzulegen, die schließlich und endlich der Gouverneur beziehungsweise der Vizegouverneur im Bereich der EZB zu vertreten hat.

Diese Aufgabe wird schwieriger und aufwendiger, sie wird auch in einem größeren Maße von sehr großem Verantwortungsbewußtsein getragen sein müssen. Denn der Gouverneur – ich halte dies für richtig – unterliegt nicht der Weisung irgendeines politischen Organes, etwa der Bundesregierung. Denn es könnte durchaus einmal der Fall sein, daß sich innerhalb der Europäischen Union – nicht in Schönwetterperioden, aber vielleicht in Zeiten, in denen es zu irgendwelchen wirtschaftlichen Irritationen kommt – nationale Regierungen, möglicherweise sogar auch die Europäische Kommission, eine andere Geldpolitik wünschen würden, als das die in eigener Verantwortung zu entwickelnde Geldpolitik der Europäischen Zentralbank vorsieht.

Daher ist es meiner Meinung nach von ungeheurer Bedeutung, daß sich gerade ein kleines Land, dessen Bedeutung in der Europäischen Zentralbank viel stärker zum Ausdruck kommt, als das einem 7-Millionen-Staat eigentlich zukommen würde, dieser Verantwortung bewußt ist. Denn in der kommenden Europäischen Zentralbank – immerhin eine Einrichtung, in der Staaten mit 290 Millionen Bürgern vertreten sind – hat jeder Staat den gleichen Anteil, nämlich einen Gouverneur. Weiters hat sich jedes Mitglied gleichberechtigt einzubringen und hat damit natürlich auch eine große und sehr wichtige Verantwortung wahrzunehmen.

Ich möchte Sie auch darauf hinweisen, daß sich die wirtschaftlichen Beziehungen der Republik Österreich durch die Teilnahme an der WWU nicht plötzlich nur auf die WWU konzentrieren. Es gibt über die Europäische Zentralbank hinaus selbstverständlich nicht nur internationale Währungsinstitutionen wie den IWF, sondern auch durchaus wirtschaftlich relevante, wichtige Organisationen wie die OECD, da sehr wohl auch eigenständige, die Republik Österreich und ihre Volkswirtschaft betreffende Positionen einzunehmen sind. Es geht um die Abwicklung des Auslandszahlungsverkehrs und ähnliches mehr.

Stellt man die Situation lediglich so dar – auch wenn einem das vielleicht da und dort einen Lacher oder ein Nicken einbringt –, daß die Nationalbank künftig nur ein Briefkästchen wäre, in dem eine Manschette über Banknoten gewickelt wird, die dann nach Vorarlberg geschickt wer


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