Bundesrat Stenographisches Protokoll 639. Sitzung / Seite 108

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Vizepräsident Jürgen Weiss: Wird eine weitere Wortmeldung gewünscht? – Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister für Finanzen. Ich erteile es ihm.

16.52

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: In aller Kürze: Es ist nicht mein Ehrgeiz, sehr geehrter Herr Bundesrat, Sie zufriedenzustellen (Heiterkeit bei der SPÖ) , sondern mein Ehrgeiz ist es, eine Lösung in der Frage der Oesterreichischen Nationalbank zu treffen, die EU-konform ist, die der Republik Österreich dient und die nach Auffassung der österreichischen Bundesregierung den richtigen Weg darstellt.

Ich möchte in aller Deutlichkeit sagen: Ich haben Ihnen nicht unterstellt, eine Diskussion über die Notenbankreserven ausgelöst zu haben. Ich habe – soferne ich nicht völlig an Verdrängung leide, kann ich das sagen – mit keiner wie immer gearteten Bemerkung Sie oder Ihre politische Partei in dieser Hinsicht erwähnt. Es ist allerdings erstaunlich, daß Sie sich betroffen fühlen. Das mag vielleicht an Ihnen selbst liegen.

Ich habe ganz allgemein und sehr dezidiert gemeint, daß ich eine Diskussion über die Notenbankreserven, darüber, was damit nach dem Jahre 2002 geschehen soll, zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht für klug halte – ganz egal, wer eine solche Diskussion führt. Das sage ich auch in aller Deutlichkeit, und zwar aus durchaus legitimen Gründen, denn kein Mensch weiß nämlich heute, wie hoch im Jahre 2002 die Reserven der Oesterreichischen Nationalbank sein werden. Wenn ohnehin alles paletti wäre, würden wir diese Reserven gar nicht brauchen, und man könnte sagen: Im Jahre 2002 sind es vielleicht 280 Milliarden Schilling! – Dann könnte man natürlich heute schon darüber reden. Aber das weiß man eben nicht.

Ich möchte eigentlich keine politischen Festlegungen vornehmen. Ich halte es für sehr gefährlich, wenn der Finanzminister der Republik sagt: Ich meine, mit der Reserve von X soll dann dies und jenes geschehen! – Das registriert man dann: Das ist nicht irgendwer, der das gesagt hat, sondern das ist der Finanzminister der Republik, das kann man abhaken, das kommt möglicherweise! – So gesehen erscheint eine solche Bemerkung in einem völlig anderen Licht.

Ich möchte Sie bitten, mir jetzt nicht Arroganz zu unterstellen, aber ich habe eben eine Funktion inne, die in ihrer Außenwirkung zur Folge haben kann, daß eine Aussage von mir von einem Dritten unter Umständen ganz anders aufgefaßt wird, als es uns allen lieb wäre. Daher habe ich dem Parlament gegenüber sehr deutlich gesagt, daß ich mir verschiedene Möglichkeiten vorstellen kann, nur nicht eine solche, bei welcher Reserven abgezogen werden und in das Budget fließen. Das kann ich mir nicht vorstellen, und daher ist die Variante der Äquivalentfinanzierung der Steuerreform – Sie geben mir gerade durch Ihr Kopfnicken recht – eigentlich eine, die nicht funktioniert.

Jetzt möchte ich gar nicht darüber diskutieren, ob dann, wenn ich einmal eine Steuersenkung um 20 Milliarden Schilling vornehme und das Loch fülle, bereits im nächsten Jahr die Umwegrentabilität 20 Milliarden Schilling ausmachen würde. Das müssen Sie mir einmal vorzeigen, wie das geht. Denn dann könnte ich das Budget sanieren, indem ich die Steuern um 100 Milliarden Schilling senke, wenn dadurch im nächsten Jahr diese 100 Milliarden Schilling und weitere 100 Milliarden Schilling in das Budget fließen würden. Mit diesem Prinzip hätten wir bald unsere 1 500 Milliarden Schilling Schulden angebracht. Aber so einfach funktioniert die Steuerpolitik nicht. So einfach ist eine Steuerreform nicht zu bewerkstelligen.

Eine effektive Steuerreform – ich habe das heute vormittag schon gesagt –, eine Steuerreform, die dem Wirtschaftsstandort Österreich und die auch den Menschen dient, ist nicht ausschließlich vom Ausmaß von Tarifsenkungen abhängig, sondern auch von jenen Maßnahmen, mit welchen strukturell eingegriffen wird, mit welchen bewirkt wird, daß die Wirtschaft eine Belebung erfährt, daß die Kaufkraft der Menschen steigt, daß Beschäftigung entsteht und daß letztendlich so die Wirtschaft einen Schub erhält. Das ist das Ziel, das wir der Steuerreform im Jahre 2000 zugrunde gelegt haben.

Sehr geehrter Herr Bundesrat! Es ist richtig, daß die österreichische Bundesregierung eine Pensionsreform beschlossen hat, und es ist richtig, daß langfristig – langfristig! – und strukturell da


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