Bundesrat Stenographisches Protokoll 639. Sitzung / Seite 126

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Realeinkommen des einzelnen gesunken ist, die Finanzierung der Bruttoinlandsproduktsteigerung nur auf die Ersparnisse des einzelnen zurückzuführen sein kann. Das heißt mit anderen Worten: Die Österreicherinnen und Österreicher haben die privaten Bedürfnisse letztlich mit Ersparnissen finanzieren müssen.

Meine Damen und Herren! Das ist eine traurige Realität, und eigentlich könnte man das als Bilanz der rot-schwarzen Sozialpolitik bezeichnen. Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Sie brauchen sich darüber nicht aufzuregen. Ich verstehe, daß es für Sie unter Umständen kein Thema ist, wenn sich die Einkommenssituation negativ entwickelt hat. Aber wenn Sie sich schon nicht darüber aufregen, daß der einzelne seine Ersparnisse antasten mußte, um das Bruttoinlandsprodukt zu steigern, dann haben Sie wenigstens den Mut und stehen Sie zu dieser Ihrer verfehlten Sozialpolitik und zu Ihrer verfehlten Einkommenspolitik!

Meine Damen und Herren! Der Hinweis im Bericht, daß die Steigerung des Bruttoinlandsproduktes auf dem Export fußt, ist insofern nicht zulässig, als auch der Bericht darauf hinweist, daß auf den österreichischen Exportmärkten eher gedämpfte Stimmung herrschte. Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Wenn Sie die negative Entwicklung damit begründen und im Bericht so darstellen, daß an der seit 1993 rückläufigen Erwerbsquote in Österreich – das geht aus allen Sozialberichten von 1993 bis heute hervor – das Rezessionsjahr 1993 Schuld habe, dann erhebt sich selbstverständlich nicht nur für einen Parlamentarier, sondern auch für die österreichischen Damen und Herren Staatsbürger die Frage: Was haben Sie seit 1993, als Sie erkannten, daß es ein Rezessionsjahr war, getan, um zu verhindern, daß sich dieser negative Trend fortsetzen kann? – Meine Damen und Herren! Hier setzt berechtigterweise die Kritik nicht nur der Opposition, sondern auch der betroffenen Staatsbürger ein.

Die Erwerbsquote ist sowohl bei Männern als auch bei Frauen um ungefähr 0,5 Prozent gesunken. Der Rückgang der selbständigen Beschäftigung beträgt im Berichtszeitraum 1996 2,6 Prozent. In absoluten Zahlen gesprochen bedeutet das, 9 800 Selbständige haben aufgegeben und das Handtuch geworfen.

Meine Damen und Herren! Ein weiteres Beispiel aus diesem Bericht: Im Berichtszeitraum 1996 ist die Zahl der unselbständig Beschäftigten gegenüber dem Vorjahr, 1995, gestiegen. 21 000 Menschen weniger waren im Berichtszeitraum 1996 beschäftigt. In Prozenten ausgedrückt heißt das: Es gab von 1995 bis 1996 eine negative Steigerung von 1,1 Prozent. Nicht zu übersehen ist die Arbeitslosenrate, die 1996 im Vergleich zum Jahr 1995 um 6,6 Prozent auf absolute 7 Prozent gestiegen ist.

Meine Damen und Herren! Diese Steigerung von 6,6 Prozent darf nicht unerwähnt bleiben, auch wenn in diesem Bericht zu relativieren versucht wird. Man spricht von einer Arbeitslosenzahl von 7 Prozent. Diese Gesamtzahl ist grundsätzlich zu diskutieren und zu hinterfragen. Aber vor allem ist zu hinterfragen, wie es zu solch einer gravierenden Steigerung von einem Jahr zum anderen kommen konnte.

Meine Damen und Herren! Nicht unerwähnt lassen sollte man bei der Debatte zum Sozialbericht 1996 jene Gruppe, die im Berichtszeitraum zumindest einmal von Arbeitslosigkeit betroffen war. Das waren immerhin 9 Prozent der Bevölkerung oder – in absoluten Zahlen – 709 000 Menschen.

Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Man könnte in Summe diesen Bericht als sogenannte Sozialbilanz der Regierung bezeichnen. Der Wirtschaftswissenschaftler Hilmar Nahr hat einmal sehr treffend gesagt: Die Bilanz ist das Jahreszeugnis eines Managers. Wie treffend dieses Zitat ist, zeigt dieser Sozialbericht, der die Bilanz der Sozialpolitik der Bundesregierung ist. Meine Damen und Herren! Dieser Bericht, der nun zur Debatte und zur Beratung steht, ist nichts anderes als die Bilanz der rot-schwarzen Sozialpolitik im Jahre 1996.

Meine Damen und Herren! Es ist eigentlich beschämend für den Parlamentarismus, es ist beschämend für Volksvertreter, wenn man dann von seiten der Regierungsparteien versucht, diesen negativen Bericht, diese negative Entwicklung der Bevölkerung und dem Parlament als Erfolg zu verkaufen.


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