Bundesrat Stenographisches Protokoll 639. Sitzung / Seite 131

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lage. Wir erwarten aber – ich sage das auch unverblümt –, daß man seitens der Regierung und der Wirtschaft sehr rasch an die Verwirklichung herangeht. (Bundesrat Weilharter: Seit 1993! Seit 1993!)

Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Nun möchte ich noch eine Bitte und ein dringendes Anliegen an Sie richten. Es geht darum, die nicht mehr sachlich begründbaren arbeits- und sozialrechtlichen Unterschiede zwischen den Angestellten und Arbeitern abzubauen. Da geht es vor allem um Kündigungsfristen und um die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Diesbezüglich gibt es gravierende Unterschiede zwischen den Arbeitern und den Angestellten.

Einige Beispiele dazu aus der Praxis: Ein Maurer, zehn Jahre beschäftigt, wird gekündigt – Kündigungsfrist eine Woche. Ein Angestellter in der gleichen Branche, zehn Jahre beschäftigt, wird gekündigt – Kündigungsfrist drei Monate. Ein Arbeiter, sechs Jahre beschäftigt, wird krank – sechs Wochen volle Entgeltfortzahlung. Ein Angestellter, sechs Jahre beschäftigt, wird krank – acht Wochen volles Gehalt, vier Wochen 50 Prozent des Gehaltes.

Es geht nicht nur um materielle Unterschiede, meine sehr geehrten Damen und Herren, sondern es geht auch um gesellschaftliche Unterschiede. Diese Unterschiede sind nicht mehr zeitgemäß, die Schlechterstellung wird von der Gruppe der Arbeiter als diskriminierend empfunden. (Bundesrat Weilharter: Dann müssen Sie den Sozialbericht ablehnen, weil das geht genau dort hervor!)

Ich zeige die Unterschiede auf und ersuche und verlange, daß diese Unterschiede abgebaut werden. Mit einer Ablehnung werden Sie diese Unterschiede, Kollege Weilharter, sicherlich nicht verändern!

Man kann Probleme, die es gibt, nicht in destruktiver Weise lösen, sondern nur durch eine positive Kooperation. Ich bin davon überzeugt, daß es mit gutem Willen, vielleicht auch von Ihrer Fraktion, Kollege Weilharter, möglich sein wird, diese nicht mehr berechtigten, nicht mehr zeitgemäßen, diese diskriminierenden Unterschiede aus der Welt zu schaffen.

Wir Sozialdemokraten werden sicherlich dem nicht sehr erfreulichen Sozialbericht des Jahres 1996 zustimmen. Dieser ist durch die wirtschaftlichen Schwierigkeiten bedingt, die es gab. Kollege Weilharter! Man darf nicht vergessen, daß wir Österreicher uns nicht nur im europäischen Wettbewerb bestens bewähren, sondern uns auch der globalen wirtschaftlichen Auseinandersetzung gestellt haben und diese auch bestehen werden.

Aber die wichtigsten Voraussetzungen sind, daß wir unseren Kolleginnen und Kollegen, den Arbeitern, den Angestellten und vor allem der Jugend die notwendige Qualifikation angedeihen lassen. Das ist als erster Schritt mit dem gestern vorgestellten Beschäftigungsprogramm gesichert. Jetzt geht es darum, alle Kräfte dafür einzusetzen, daß diese Maßnahmen auch umgesetzt werden. Die Wirtschaft und auch die Gewerkschaften werden darauf drängen. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

19.18

Präsident Ludwig Bieringer: Zu Wort gemeldet hat sich weiters Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth. Ich erteile ihr dieses.

19.18

Bundesrätin Monika Mühlwerth (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich finde es immer ganz interessant, wenn solche Berichte zur Diskussion stehen, daß dann die Bundesräte der ÖVP und der SPÖ am Rednerpult ihre eigene Regierung auffordern, doch endlich tätig zu werden und zu handeln.

Herr Kollege Drochter! Die Forderung nach der Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten kenne ich jetzt mittlerweile schon seit zehn Jahren. Ihre Partei – da hat auch die Gewerkschaft durchaus genug mitzureden – ist aber schon viel länger in der Regierung. Da muß man sich als Oppositionelle schon die Frage stellen: Warum haben Sie es nicht gemacht? Was haben Sie in


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