Bundesrat Stenographisches Protokoll 639. Sitzung / Seite 133

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Das hat man schon in den siebziger Jahren mit den Maturanten gemacht. Da hat man auch gefürchtet, daß die Maturanten die Arbeitslosenstatistik hinauftreiben werden, und dann hat man sie auf die Universitäten geschoben (Bundesrat Kone#ny: Das war die Erfindung des Studiums!) , hat aber hinterher natürlich nicht die entsprechenden Jobs für sie gehabt. Das steht heute in jeder Statistik. Durchschnittlich gibt es heute nicht so viele Akademikerjobs wie Akademiker. Genau das gleiche wird auch mit den Lehrlingen passieren. Jetzt haben wir sie "zwischengelagert", dann werden sie wieder auf den Arbeitsmarkt kommen und leider keine Arbeitsplätze bekommen. Warum nicht? – Weil Sie nicht in der Lage sind, die nötigen Maßnahmen zu ergreifen, die zu mehr Arbeitsplätzen führen!

Warum gibt es denn heute so wenige Betriebe, die bereit sind, Lehrlinge aufzunehmen? – Das ist immer dieselbe Forderung. Die Betriebe haben hohe Ausbildungskosten. Es ist nicht wahr, daß der Lehrling die billige Arbeitskraft ist, die sich für den Unternehmer rentiert. In vielen Fällen – ich sage nicht in allen, aber in sehr vielen Fällen – scheitert es auch an der Qualifikation der Pflichtschulabgänger. (Bundesrat Kone#ny: Ja selber schuld!) Es war vor einer Woche ein Bericht in der "ZiB 2", in dem festgestellt wurde, daß Lehrlinge vor allem dort, wo sie mathematische Fähigkeiten brauchen, scheitern und auch in der Berufsschule nicht bestehen können, weil sie nicht einmal die Grundrechnungsarten beherrschen! Da muß ich Ihnen schon vorwerfen, sehr geehrte Damen und Herren von der Regierung, daß Sie natürlich auch auf dem Bildungssektor völlig versagt haben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben sich immer noch nicht dazu durchringen können, bei den Schutzbestimmungen entsprechende Maßnahmen zu treffen. Daran haben Sie nur ein bißchen gekratzt. Selbstverständlich bekenne ich mich dazu, daß Lehrlinge auch Schutz brauchen. Sie sollen nicht ausgenützt werden, sie sollen keine für sie gefährlichen Arbeiten machen müssen, die sie aufgrund ihres Ausbildungsstandes noch nicht ausführen können. Aber man kann es auch übertreiben. Es gibt genügend Schutzbestimmungen, die nicht dem Grundgedanken des Schutzes entsprechen, wo übertrieben worden ist, und dann verkehrt sich der Schutz leider in sein Gegenteil.

Sie haben die bürokratischen Hürden bei Unternehmensgründungen, die schon viele ... (Bundesrat Freiberger: Sagen Sie mir eine, bitte!) Das ist ein nächster Punkt, Sie müssen eben zuhören. Und wenn Sie mir nicht folgen können, tut es mir leid. (Bundesrat Kone#ny: Sie sind etwas gefragt worden!)

Sie haben nichts getan bei den Behaltemaßnahmen. Es ist nach wie vor schwierig, einen Lehrling nach der zweimonatigen Behaltefrist, wenn er nicht entspricht und gar nicht arbeiten will, auch wieder zu entlassen. All das motiviert Unternehmen nicht, Lehrlinge aufzunehmen.

Ich stimme diesem Sozialbericht nicht zu – das ist Papier, das kann nichts dafür –, weil ich gegen Ihre Regierungspolitik stimme, die völlig versagt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.28

Präsident Ludwig Bieringer: Nächste Wortmeldung: Frau Bundesrätin Ilse Giesinger. – Bitte.

19.28

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hoher Bundesrat! Frau Kollegin Mühlwerth! Da Sie die Lehrlingsproblematik angeschnitten haben, möchte ich sagen, daß für Arbeitsplätze grundsätzlich die Betriebe zuständig sind und nicht die Politik. Die Politik kann für die Rahmenbedingungen sorgen. (Bundesrätin Mühlwerth: Das tut sie ja!)

Außerdem meine ich, wir müssen in Zukunft auch einmal ein größeres Konzept überlegen, wonach die Lehrlingsausbildung der Staat übernimmt. Die Studenten können kostenlos studieren, alles übernimmt der Staat. Die Ausbildung der Lehrlinge müssen teilweise sie selbst und teilweise die Unternehmer bezahlen.

Ich möchte jetzt einen Teil des Sozialberichtes näher beleuchten, und zwar den Sozialversicherungsbereich. Tatsache ist, daß schon lange über eine Chip-Karte anstatt des Krankenscheins gesprochen wird. Tatsache ist, daß diese bereits für 1. 1. 1997 versprochen wurde. Nach


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