Bundesrat Stenographisches Protokoll 639. Sitzung / Seite 137

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Ausstieg aus dem Erwerbsleben bereits zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Karenzurlaubes eintritt.

Die sogenannte Babypause, die uns allen ein Anliegen sein sollte, ist für viele Frauen nicht nur der Karriereknick, sondern auch der Knick in ihrer Lebensplanung und hat zur Folge, daß ich nun wiederum behaupten kann, daß Armut weiblich ist. Wenn Sie den Sozialbericht nur ein wenig durchgeblättert haben, konnten Sie die Definition von Armut und auch die Zahl jener, die sich in dieser Situation befinden, nachlesen; das sind in erster Linie Alleinerzieherinnen.

Es gibt viel zu wenig flexible Ansätze. Ich sehe Flexibilität, wenn sie eingelöst wird, durchaus positiv. Wir brauchen flexible Ansätze, um in erster Linie Müttern und Alleinerzieherinnen, die diese Probleme alleine bewältigen müssen, im betrieblichen Umfeld entgegenzukommen. Wir als Betriebsräte haben uns derzeit mit Fragen auseinanderzusetzen, die jahrelang kein Problem bedeutet haben, wie etwa die Frage der Stillgelegenheiten, weil viele Frauen Angst um ihren Arbeitsplatz haben. An dieser Stelle bedanke ich mich sehr intensiv dafür – ich habe das Wort herzlich vermieden, obwohl wir auch ein wenig herzlicher miteinander umgehen könnten –, daß Fragen betreffend Teilzeitkarenz in einer Art und Weise gelöst werden konnten, die für viele Frauen, auch wenn sie Belastungen in der Betreuung ihrer Kinder bedeutet, die Existenz zu sichern hilft. Ich würde jeder Frau wünschen, daß sie die ersten Monate mit ihrem Kind intensiv genießen kann. Eines ist aber zur Kenntnis zu nehmen, nämlich daß es dem Kind keine Vorteile bringen kann, wenn die Existenz von Mutter und Kind gefährdet ist.

In der Praxis wird die Frage der Kinderbetreuung in erster Linie den Frauen überlassen. Es ist sich die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit – vor allem dort, wo die traditionelle Rollenverteilung im Vordergrund steht – nicht darüber bewußt, und es ist auch in den Köpfen der Väter nicht im notwendigen Ausmaß verankert, daß die Beteiligung an dieser lohnenden Aufgabe der Kinderbetreuung wahrgenommen werden soll. Es wird alles daranzusetzen sein, dieses Problem nicht mit Geld, das in den meisten Fällen nicht ausreichen kann, sondern mit Sachleistung, nämlich mit kind- und muttergerechter, familiengerechter und ausreichender Kinderbetreuung, zu lösen. In diesem Bereich können wir uns leider im europäischen Vergleich nicht so gut behaupten, denn die Versorgung mit Kinderkrippen liegt in Österreich bei etwa 2,5 Prozent, während sie in – in unseren Köpfen als traditionell eingestuften – Ländern wie Italien und Spanien doppelt so hoch ist.

Der Versorgungsgrad an Kindergärten für Kinder ab drei Jahren sieht im europäischen Vergleich ähnlich aus, er liegt in Österreich bei 61 Prozent, in Italien bei 85 Prozent, Spanien liegt etwas darunter. Verstärktes Augenmerk sollte auch – ich glaube, darüber wurde in letzter Zeit zu wenig diskutiert – auf die Betreuung der 6- bis 15jährigen gerichtet werden. Ich meine, daß die Kombination von Erziehungsarbeit, Betreuungsarbeit und Schule wieder mehr diskutiert werden muß. Hier haben wir vermehrt anzusetzen.

Ein weiteres Ziel – das ist eine ganz konkrete Forderung, die mich zu der Diskussion überleiten läßt, der diese Woche im Nationalrat und auch in den Medien sehr breiter Raum gewidmet wurde – sind die Forderungen des Frauen-Volksbegehrens.

Ich meine, daß es höchst an der Zeit ist, in manchen Bereichen über seinen Schatten zu springen und mehr die Bedürfnisse der Frauen als die eigene traditionelle Einstellung zur Situation der Frau zu sehen und damit – so möchte ich fast sagen – Zwangsbeglückung zu betreiben. Es ist wichtig, den Frauen jene Möglichkeiten zu bieten, die sie selbst wollen und die ihre Umstände erfordern, und weniger daran zu denken, wie man selbst als Einzelperson zu dieser Angelegenheit steht. Das ist vor allem dort schwierig, wo im Rahmen von politischen Funktionen die Möglichkeit besteht, die eigene persönliche Einstellung auch in Form von Bindungen für andere einzubringen.

Die Frage, die sehr konkret anzugehen ist, ist jene der Behaltefrist nach dem Karenzurlaub. Es ist unbedingt notwendig, diese Frist auf 26 Wochen auszudehnen, weil gerade diese Phase für den Wiedereinstieg von Frauen sehr bedeutungsvoll ist und ihre gesamte Lebenssituation grundlegend beeinflußt.


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