Bundesrat Stenographisches Protokoll 639. Sitzung / Seite 140

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Schließlich gehören zu dieser Gruppe auch Haushalte mit Arbeitnehmern aus Niedriglohnbereichen. Welche sind die Niedriglohnbereiche? – Allgemein muß man feststellen – das wird in einem Bericht in der Zeitschrift "Soziale Sicherheit", Nummer 3 aus 1998, über die Einkommensdaten 1996 ganz klar und deutlich nachgewiesen –, daß in Österreich im Jahre 1996 226 000 Arbeitnehmer ein Bruttomonatseinkommen von unter 12 000 S bezogen haben. Das heißt im Klartext, daß jeder 14. unselbständige Arbeitnehmer von dieser Einkommensgröße betroffen ist.

Ich möchte vorausschicken: Mit einem Bruttoeinkommen in Höhe von 12 000 S befindet man sich im Bereich der Armut beziehungsweise jedenfalls im Bereich der Armutsgefährdung. Dabei kommt es darauf an, wie sich der Haushalt zusammensetzt.

Wenn man einen größeren Zeitraum betrachtet und einen Vergleich anstellt, beispielsweise zwischen dem Jahr 1990 und dem Jahr 1996, dann muß man sagen, ist natürlich ein gewaltiger Fortschritt zu verzeichnen. 1990 betrug die Zahl jener, die unter 12 000 S verdient haben, noch 750 000, nämlich 250 000 Männer und 500 000 Frauen, und 1996 sind es – wie gesagt – nur noch 226 000. Dieser Vergleich ist jedoch nicht ganz korrekt, denn man müßte auch den Kaufkraftverlust von 12 000 S innerhalb dieser sieben Jahre berücksichtigen und gegenüberstellen.

Wenn ich mir die Wirtschaftsklassen ansehe, in denen die österreichischen Arbeitnehmer beschäftigt sind, dann schmerzt es mich persönlich sehr, daß für die Dienstnehmer in der Land- und Forstwirtschaft der niedrigsten Mittellohnwert pro Monat mit etwas mehr als 16 000 S ausgewiesen ist. Knapp auf dem Fuß folgt das gemäß der Einteilung in Wirtschaftsklassen so bezeichnete Gaststättenwesen – womit nicht die Gastronomie allgemein gemeint ist –, in welchem das Einkommen um knapp 1 000 S höher ist, also 17 500 S beträgt. – Bei den genannten Zahlen handelt es sich um Bruttowerte. Wenn man davon die Abgaben abzieht, dann wird klar, daß auch diese Gruppen an der Grenze zur Armutsgefährdung liegen.

In Anbetracht dieser im Bericht ausgewiesenen Zahlen muß man sich vor Augen führen, daß beispielsweise ein Erwachsener mit einem Kind mit einem Nettoeinkommen in Höhe von 11 600 S monatlich selbstverständlich an der Armutsschwelle liegt. Von zwei Erwachsenen und zwei Kindern ganz zu schweigen, und dabei handelt es sich um die durchschnittlichen Familien in Österreich, für welche ermittelt wurde, daß 20 900 S netto notwendig sind, um nicht in die Armut abzurutschen. Wenn ich dem die Einkommen der Wirtschaftsklassen der Niedriglohnbereiche gegenüberstelle, dann brauche ich nicht weiterzureden, denn die Schlußfolgerungen mögen Sie selbst ziehen!

Befaßt man sich noch genauer mit diesem Artikel in der "Sozialen Sicherheit", dann kann man feststellen, daß 60 Prozent der Männer und Frauen im Durchschnitt ein Einkommen haben, das unter 26 600 S liegt. Wenn man den entsprechenden Nettobetrag errechnet und dieses Einkommen auf einen Haushalt bezieht, in dem zwei Erwachsene und zwei Kinder leben, dann ist bereits wieder die Armutsschwelle erreicht beziehungsweise bereits unterschritten. Diese problematische Entwicklung hat insbesondere in den eingangs angesprochenen drei Jahren durch die Verminderung des Nettoreallohneinkommens zugenommen. – Das sind die Aussagen einer Gegenüberstellung der Einkommensdaten 1996 aus dieser zitierten "Sozialen Sicherheit", Nummer 3 aus 1998.

Wenn Sie den von mir genannten Beispielen gefolgt sind, dann können Sie erkennen, daß insbesondere Familien mit Kindern – das betone ich noch einmal – besonders gefährdet sind. Das führt zu folgenden Fragen: Was hat die Regierung getan, um gegenzusteuern, und was wurde von den Parteien gefordert? – Ich kann auf diese rhetorisch gestellten Fragen antworten: Ja, es wurde etwas getan. Es wurde manches gefordert, und es wurde gegengesteuert.

Ich bin stolz, hier für eine Partei stehen zu dürfen, die bereits seit 1995 massiv die Forderung erhoben hat, eine Familienentsteuerungsreform in Gang zu setzen und durchzuführen. 1997 – das ist uns allen hier im Hohen Haus bekannt – hob der Verfassungsgerichtshof die bestehende Familienbesteuerung als gleichheitswidrig auf, mit der Vorgabe, daß mit Ende 1998 eine Neuregelung erfolgen muß.


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