Bundesrat Stenographisches Protokoll 639. Sitzung / Seite 141

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Nicht verstanden habe ich in der Diskussion um dieses Verfassungsgerichtshoferkenntnis allerdings Aussagen des Koalitionspartners, und ich verstehe sie bis heute nicht. Zwei Aussagen davon möchte ich zitieren. Von den SPÖ-Frauen ist der Satz gekommen – ich zitiere wortwörtlich –: "Das Urteil ist kein Schritt zur Bekämpfung der Familienarmut, im Gegenteil: Mit steuerlichen Maßnahmen lassen sich finanzielle Probleme nicht bekämpfen." – Das war die eine Aussage. Eine zweite Aussage in diesem Zusammenhang wurde von der ehemaligen Staatssekretärin, von der von mir ansonsten sehr geschätzten Frau Ederer getroffen. Sie hält das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes gar für eine "Frechheit" – ich zitiere wortwörtlich –: "Sollte die Familie steuerlich mehr berücksichtigt werden, müsse man eben an anderer Stelle der Familienförderung sparen." – Das ist für mich völlig unverständlich, ich habe diese Aussagen seinerzeit nicht verstanden, und ich verstehe sie heute nicht! (Bundesrat Eisl: Nur deswegen, weil Sie sie nicht verstehen, müssen sie nicht falsch sein!) Herr Kollege Eisl! Dazu möchte ich feststellen: Die Bemühungen meiner Partei waren schlußendlich von Erfolg gekrönt! (Beifall bei der ÖVP.)

Sie kennen das Ergebnis. Ich darf mit Freude sagen, daß sich Minister Bartenstein durchgesetzt hat, wofür ich ihm herzlich danke. Ich möchte die wesentlichen Punkte in Erinnerung rufen: Die Familien werden in Zukunft 12 Milliarden Schilling mehr bekommen, was bedeutet, daß pro Kind und Monat 500 S mehr in die Haushalte fließen, was im Jahr 6 000 S pro Kind bedeutet. Die heiß umkämpfte Mehrkinderstaffel bleibt bestehen. Daß man diese Familienentsteuerung nicht schlagartig einführen konnte, wird auch jedem klar sein: Diese Entsteuerung kommt in zwei Etappen, im Jahr 1999 und im Jahr 2000.

Ich hatte heute vormittag ein Schlüsselerlebnis, über welches ich mich gefreut habe: Bundesminister für Finanzen Edlinger erklärte in der Fragestunde, daß von dieser Familienentsteuerung zirka fünf Millionen Österreicher positiv betroffen sein werden, und er traf die Aussage, daß der größte Anteil dieser 12 Milliarden Schilling jährlich sozial berücksichtigungswürdigen Familien zugute kommen wird. – Das war für mich ein Schlüsselerlebnis, und ich bin froh, daß jetzt auch der Herr Finanzminister diese Neuregelung für 1999 und 2000 so einschätzt.

Diese aktive Maßnahme im Kampf gegen die Verarmung allgemein und vor allem der Verarmung der Familien wird sich sicher in den Berichten über die soziale Lage in Österreich in den Jahren 1999 und in den folgenden Jahren positiv niederschlagen.

Wir benötigen in diesem Bereich in nächster Zeit allerdings unbedingt eine weitere Maßnahme, nämlich die steuerliche Entlastung der unselbständig Erwerbstätigen im unteren und mittleren Einkommensbereich durch eine gezielte und klare Steuerreform. Gleichzeitig, werte Damen, geschätzte Herren, ist der steigenden Arbeitslosigkeit mit allen Mitteln entgegenzutreten, denn sie ist ein Indikator für das Abrutschen in die Armutsgefährdung und in den Armutsbereich. Ich begrüße daher am heutigen Tage, daß es in den letzten Tagen eine Einigung über den nationalen Aktionsplan betreffend Beschäftigung gegeben hat.

Ich darf daher zusammenfassen: Drei Punkte sind wichtig: Beschäftigungsinitiativen, steuerliche Entlastung der Arbeitnehmer und Familienentsteuerung. Mit Maßnahmen betreffend diese drei Punkte müßte es gelingen, die Armut beziehungsweise die Armutsgefährdung in Österreich wesentlich zu minimieren. Ich freue mich schon auf die Berichte, die dann positiver sein werden als der vorliegende! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

20.12

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Hager. – Bitte.

20.12

Bundesrat Wolfgang Hager (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Auch ich werde mich – wie mein Vorredner Kollege Schaufler – mit einem Teilbericht des Sozialberichtes 1996 beschäftigen, nämlich mit der Armut in Österreich.

Der vorliegende Bericht behandelt sehr ausführlich und informativ die Definition von Armut: Armut wird dann angenommen, wenn eine Kombination von knappen finanziellen Ressourcen


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