Bundesrat Stenographisches Protokoll 640. Sitzung / Seite 61

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Bewußt verweise ich auf die Tatsache, daß in den USA ab zirka 1986 und in einigen EU-Staaten ab den neunziger Jahren ein solch restriktives Verhalten über Bord geworfen wurde. Natürlich birgt der Einsatz von Gentechnik in der Lebensmittelproduktion und im Konsum dieser Lebensmittel Gefahren in sich. Diese wurden heute schon einige Male erwähnt. Übersehen wir aber bitte nicht die Chancen einer neuen Technologie auf dem Weltmarkt, da ab der Jahrtausendwende – Agrarkommissär Fischler hat das kürzlich im Zuge der Agenda 2000-Diskussion erwähnt – ein deutliches Ansteigen des Lebensmittelverbrauches auf dem Weltmarkt gegeben sein wird.

Ich komme zum Schluß. Es läßt sich in diesem Hause sehr leicht über die Gefahren von gentechnisch veränderten Lebensmitteln akademisch philosophieren. Mit vollem Magen läßt sich sehr leicht über diese Thematik diskutieren! Wir sollten uns aber immer vor Augen halten, daß nach wie vor zwei Drittel der Menschheit Hunger leiden. Auch diesen Aspekt möchte ich hier einbringen, denn auch dieses Argument hat bei der Fraktion der Österreichischen Volkspartei dazu geführt, daß wir europaweit für eine Verfeinerung der Kennzeichnungspflicht bei Lebensmitteln eintreten. Letztlich soll und muß der Konsument wissen, was in dem Lebensmittel, das er kauft, enthalten ist. Aber die Gentechnologie generell abzulehnen, wäre Maschinenstürmerei, und dafür sind wir nicht zu haben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.40

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Mag. Harald Repar das Wort. – Bitte.

12.41

Bundesrat Mag. Harald Repar (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn wir heute hier über die geplante Novelle zum Gentechnikgesetz debattieren, so behandeln wir damit die vielleicht sensibelste und gleichzeitig am schwersten abschätzbarste Materie der Gegenwart. Es gibt nur wenige wissenschaftliche und wirtschaftliche Bereiche, in denen die Meinungen derart kontroversiell aufeinanderprallen wie im Falle der Gentechnik.

Sowohl für die Bürger unseres Landes als auch für uns als Mandatare ist es sehr schwer, eindeutige Urteile zu fällen und Meinungen zu bilden, wenn es um das Freisetzen von gentechnisch veränderten Organismen oder um die Anwendung von Genanalyse und Gentherapie am Menschen geht. Völlig zu Recht dominieren dabei die Ängste vor menschlichen Eingriffen, deren Folgen kaum abzuschätzen sind und deren Nutzen nicht immer klar auf der Hand liegt. Umso wichtiger ist es nun für die Legislative unseres Landes, sich dieser Materie anzunehmen und Rahmenbedingungen im Zusammenhang mit der Gentechnologie zu erarbeiten.

Dabei müssen meiner Meinung nach zwei Ansprüche erfüllt werden. Erstens müssen wir die mit der Gentechnologie verbundenen Gefahren und die damit zusammenhängenden Ängste der Menschen sehr ernst nehmen.

Ich darf in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, daß die SPÖ-Kärnten bereits vor drei Jahren im Vorfeld der Wahlen zum Europäischen Parlament in Kärnten eine Unterschriftenaktion eingeleitet hat. Innerhalb kürzester Zeit konnten wir dabei 30 000 Unterschriften sammeln und weitergeben. Wir haben uns damals für eine ehrliche Konsumenteninformation mittels einer umfassenden Kennzeichnungspflicht bei genmanipulierten Lebensmitteln ausgesprochen, und ich kann Ihnen berichten, daß ich noch nie eine derart einhellige Zustimmung erlebt habe, und zwar bei allen öffentlichen Veranstaltungen, bei allen Unterschriftenaktionen. Fast ausnahmslos haben die Menschen ihre großen Befürchtungen im Zusammenhang mit der Gentechnik ausgedrückt und sich gegen genmanipulierte Lebensmittel ausgesprochen. Diese enorme Verunsicherung muß auf allen Ebenen ernstgenommen werden. Dafür treten wir Kärntner Sozialdemokraten ein.

Zweitens sollten wir aber auch nicht den Fehler begehen – das wurde heute schon angesprochen –, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Was meine ich damit? – Ich bin gegen eine Pauschalverteufelung der Gentechnologie und gegen eine diskussionslose Ablehnung aller Entwicklungen im Bereich der Gentechnik. Vielmehr sollten wir Rahmenbedingungen schaffen, die


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